Natur

 

Leben im Paradies?

Die Vertreibung aus dem Paradies hat den Menschen der Natur entfremdet. Er ist nicht mehr ein Teil von ihr, sondern ein Zuschauer des unendlichen Spiels der Natur aus der Position außerhalb der Unendlichkeit in einem endlichen Spiel. Aus dieser Position versucht er die Unendlichkeit der Natur zu verstehen, indem er Strukturen und Wirkungszusammenhänge erfindet und sie an seinen Erfahrungen verifiziert.

Das führt zu einem tief sitzenden Unverständnis über die Wirkungen seines eigenen Handelns. Da er nicht in die Natur integriert ist, beobachtet er Wirkungen aus einer "neutralen Position". Die Vertreibung aus Eden in eine Welt der mühevollen Erforschung und Bearbeitung der Umwelt macht Überlegungen und Forschungen notwendig, wie und ob die Folgen des eigenen Handelns in die Unendlichkeit der Natur auf die endliche Welt des Menschen zurückwirken. Hinter dieser Denkweise liegt die stille Erwartung, dass die negativen Folgen des abgetrennten Handelns nicht zurückwirken und die positiven Folgen konsequenzenlos nutzbar sind. Die problematische Vorgehensweise enthält die Wertung über positive und negative Konsequenzen. Die Wertung braucht eine ethische Grundlage und eine Verabredung über die Akzeptanz dieser Grundlage.

Die Integration in die Natur lässt solche Probleme und Folgenschätzungen gar nicht aufkommen, denn sie akzeptiert ohne Zweifel, dass jegliches Handeln auf den Handelnden zurückwirkt. Es gibt in diesem Weltbild keine neutrale Beobachterposition.

 

Diese Überlegungen werden unverständlicher, wenn nicht prinzipiell beobachtbare Handlungen, sondern Gedanken oder Gefühle den Folgenabschätzungen unterliegen. Diese Wirkungen und Rückwirkungen können nicht verifiziert werden und die Folgen sind unmöglich zu isolieren und zu kommunizieren. In der Unendlichkeit der Gedanken gibt es keinen Anfang und keine Reihenfolge. Wie will man einen Anfang definieren, wenn Gedanken und Gefühle geteilt werden? Es gibt kein Gefühl, das jemand zuerst hatte und das in ihm entstanden wäre. Denn mit der gleichen Zuversicht kann man annehmen, dass dieses eigene Gefühl aus dem gemeinsamen Gefühl mit einem Anderen entstanden ist. Für geteilte Gefühle gibt es keinen Verursacher.

Das Leben als Prinzip oder als eine Erscheinung in der Natur ist in dem Paradies. Das Lebewesen in einer Form wird nur außerhalb des Paradieses empfunden. Lebewesen sind endlich, eine Form ist endlich, aber das Paradies ist unendlich. Das Gefühlsleben ist innerhalb des Paradieses. Gefühle sind unendlich. Sind die Gefühle also außerhalb der Form?

Der Mensch hat Gefühle und die Gefühle sind unendlich. Lebt das Endliche innerhalb des Unendlichen, dann lebt der Mensch im Paradies. Im Unendlichen gibt es kein Lebewesen, aber das Leben und es gibt die Gefühle. Alle Gefühle sind miteinander verbunden. Alle Formen sind voneinander getrennt.

Jedes Gefühl verbindet uns mit dem Paradies, sei es der Schmerz oder die Zufriedenheit, die Einsamkeit oder die Liebe, das Glücksgefühl oder der Hunger, die Sehnsucht oder die Angst. Das Gefühl lässt uns in das Paradies ein und umfängt uns. Haben wir unangenehme Gefühle wie Stress, Wut oder körperliches Unwohlsein, dann ruft das Paradies. Es erinnert uns daran dass wir leben und lädt uns ein, in das Paradies zu reisen und die guten Gefühle, vor allem die Liebe mit den mahnenden Gefühlen zu verbinden. Die mahnenden Gefühle sind ein Signal der Seele etwas zu ändern, das Leid herauszulassen und an seine Stelle die angenehmen Gefühle herein zu bringen.

Wir verbinden uns mit dem Paradies über jedes individuelle Gefühl. Das Paradies ist allen zugänglich und wir teilen das Paradies mit der Natur, mit jedem Wesen, mit der Erde und mit der Unendlichkeit. Wir vermitteln das Paradies an jedes andere Wesen. Die Liebe schafft den Zugang zum Paradies. Wir können jedes andere Wesen im Paradies empfangen. Die Heilung nimmt ihren Weg durch das Paradies. Das Paradies ist unendlich und überall.

Der Mensch hat einen Verstand, eine Ratio die ihn vom Paradies trennt, denn das Denken kann nur etwas Endliches sein. Gedanken sind begrenzt. Ein Gedanke ist ein Ereignis und hat einen Anfang und ein Ende. Gedanken können ausgetauscht werden und in Worte gefasst werden. Damit haben sie eine weitere Eingrenzung erklommen zu den Gedanken die in Worte gefasst werden können. Gedanken werden zur Quantifizierung gebraucht, zum Zählen, zum Werten, zum Vergleich. Gefühle sind unendlich und nicht zählbar.

Die Natur wird im Paradies auf eine Weise kommunizieren, die keine Worte braucht und wir dürfen bezweifeln, dass hierfür der Begriff "Kommunikation" zutreffend angewendet werden kann. Bei diesem Wort assoziieren wir einen Sender und einen Empfänger und eine Nachricht, die zwischen den Partnern ausgetauscht wird. Das sind endliche Einheiten, die nicht innerhalb des Paradieses bestehen. Im Paradies sind die Gefühle miteinander verbunden und die Verbindung braucht keine Nachrichten auszutauschen.

 

Die Ratio hat den Menschen vom Paradies isoliert. Zumindest mit diesem Teil seines Wesens steht er nicht im Paradies. Mit der Quantifizierung, der Wertung, dem Vergleich wurde der Weg aus dem Paradies unumkehrbar. Jeder Versuch mit quantifizierenden Methoden die Unendlichkeit zu "verstehen" ist gescheitert.[1] Anders interpretiert sind die Versuche nicht gescheitert, sondern waren insofern erfolgreich, als sie über die quantifizierenden Gedankenmodelle hinaus dann doch wieder auf der Gefühlsebene gelandet sind. Die Erfolgskriterien sind eben auch nur ein endlicher Maßstab.

Möglichkeiten stellt die Natur bereit, Potenziale die genutzt oder ausgefüllt werden können. Dem liegt aber kein Plan zugrunde oder eine Zielrichtung. Es gab ein Potenzial für ein denkendes Gehirn, einen Verstand, das haben die Menschenwesen genutzt. Daraus wurden Gedanken geboren, die aus den unendlichen Gefühlen endliche Begriffe, endliche Worte und eine endliche Welt konstruierten. Mit dem endlichen Verstand führt kein Weg zurück ins Paradies, mit den unendlichen Gefühlen führt kein Weg aus dem Paradies hinaus.

Reise zum Paradies

Ich zünde Kerzen an, die ihr hartes Wachs für mich erweichen und aus dem Zündholz den Glimmer der Reisebegleitung auf das Reiselager meines Körpers zaubern. Ich reise in den Wald und bitte ihn um Hilfe, denn diese Aufgabe fordert große Kraft, mit der ich in Gefühle eintauche, die den Rand meiner Gefühlswelt ausleuchten.

..............................

Auf der Reise traf ich auf die Matona, sie leben in der Geborgenheit der Waldwelt und sie sind dort versorgt und in einem Zustand der ausgedehnten Zufriedenheit. Sie haben dafür das Wort ‚Reond’ mit dem eine willensfreie Brauchlosigkeit gemeint ist.

Sie sind hier im Reond um glücklich und zufrieden zu sein und vertrauen auf den Wald und die Mutter Erde, dass sie ihnen beistehen und das Glück erhalten. Im Reond gibt es die Warum-Frage nicht und es gibt keine Ereignisse außerhalb des eigenen Wirkungskreises. Das Wasser hinaus in die fremde Welt ist dunkel.

Der Wald gab mir das Vertrauen und die Kraft für die Reise zum Paradies. Ich war viele Tage und Nächte unterwegs durch den dichten Wald, Leoparden, Schlangen, Faultiere und kreischende Vögel begleiteten mich. Lianen wankten in Regen und Wind, der schrille Schrei der Affen weckte mich am Morgen und das heisere Krächzen der Papageien erklang am Abend.

Die Matona lieben die Vielfalt und die Unterschiede, die leicht durch das Leben tragen Die Natur bringt nur ähnliche Ergebnisse, ähnliche Wesen oder ähnliche Pflanzen hervor. Bei den Gefühlen ist die Ähnlichkeit schon ein schöner Erfolg, aber sie sind bei keinem Wesen gleich und man kann sie nicht zählen und mit ihnen nicht das Kaufspiel spielen. Matonas leben in einer alten Geschichte, die sie vereint und in der sie sich erkennen. Die Matona sitzen um das Feuer im großen Kreis des Rates und erzählen mir eine Geschichte. Es ist nicht ihre Geschichte, sie gehört allen und bald auch mir.

Im Kreis erschweigt der Stammesvater Natone die Ruhe mit natürlicher Autorität. Keine Ankündigung, keine Handbewegung, kein Wort des Beginns. Natone spricht einfach und alle wissen: er hat etwas zu sagen. Er beginnt die ewige endliche Geschichte, die er aus dem Wald mitgebracht hat, als der Rat ihn um Hilfe bat.

Die weißen langen Haare hat er zu einem Zopf zusammengebunden, sie umrahmen das Kunstwerk seines faltigen Gesichtes. Natone ist von der Aura lebender Weisheit umgeben die seine innere Größe vor ihm herträgt. Seine geistige Kraft umfängt jeden der ihn hört oder ansieht. Die Augen sind meist zu schmalen Schlitzen geschlossen, dem Blick der Beobachter entzogen und ins Leere gerichtet, als nimmt er permanent Weisungen des Waldes entgegen. Natone spricht mit kraftvoller Stimme ohne aufgeregte Betonungen. Seine spirituelle Kraft hält die Distanz in den Worten und die Nähe einer vertrauten Aufmerksamkeit in den Inhalten.

Natone leidet mit der Geschichte, und doch folgt er der Mission, sie mit den Matona zu teilen, so wie der Wald sie ihm erzählt hat.

Die Geschichte ist selbst geteilt und wir nennen sie die ewige Geschichte, weil sie uns vom Wald mit Liebe überlassen. Sie ist die einzige Geschichte mit einer Frage: „Warum hat der Mensch die Verbindung an die unendlichen Gefühle verloren?“ – und sie führt uns zurück in ein Leben der Natur, in dem der Mensch keine Fragen stellte.

In einem Garten, den wir Eden nennen, lebten alle Wesen mit Herz. Der Garten ernährte alle, er sorgte für alle Wesen und keines hatte Angst vor der Zukunft. Es gab auch keine Zukunft, denn es gab keine Unsicherheit. Die Wesen mit Herz hatten zwei Beine oder vier oder noch mehr oder sie hatten andere Glieder mit denen sie sich fortbewegten. In diesem Garten gab es nur Gefühle und mit den Gefühlen haben sich alle verstanden. Es gab keine Sprache, die von den Gefühlen unabhängig war. Die Sprache kam nicht aus dem Mund, sondern aus dem Herzen.

In Eden waren alle behütet und vertrauten auf den Wald, auf die Erdenmutter Lamorana und auf San in der Höhe. Sie lockte sie aus dem Schlaf und durch ihr Leben gingen sie ihr entgegen. Für San wuchsen sie, für sie putzten sie sich, aßen Wurzeln und Früchte und oft auch die anderen Wesen mit Herz. Essen aus anderem Leben gab es immer anstrengungslos, es war für alle leicht zu haben, wuchs auf dem Kleid von Lamorana in der Obhut der Sonnenmutter San.

Im Garten liebten sie das Sasunol, die Vereinigung, die kleine Wesen holt. Das Sasunol machte immer ein gutes Gefühl und bedeckte alle anderen Gefühle. Es war von einem Satismo begleitet, der das Innere nach außen stülpt und aus dem Soolago die kleinen Wesen aufnimmt, die im dunklen, warmen Bauch wachsen.

San hatte den Wesen von Beginn an den Satismo mitgegeben, damit sie Freude an dem Sasunol haben. Mit dieser Freude werden die kleinen Wesen geholt, denn sie sollen den anderen die nach ihnen kommen ein Leben auf ihrem Erbe möglich machen. Mit der großen Freude des Satismo gab es die einzige Möglichkeit die großen Wesen zu belohnen damit sie kleine Wesen aus dem Soolago holen, die mit ihrem Rest am Ende dem weiteren Leben die Möglichkeiten bereiten. Das war ihre Bestimmung sobald sie zum ersten Mal aus dem Bauch der Mutter schauten und das helle Licht der San durch ihre verklebten Lider schien. Jedes Leben wuchs in seinen Möglichkeiten und trug am Ende ein wenig zum Kleid der Lamorana Erdenmutter bei.

In Eden gab es viele gute Gefühle, weil für die schlechten Gefühle wenig Platz war. Gefühle zeigen war die einzige und die geborgene Art der Verbindung zu jedem anderen Wesen. Alle waren so mit allen verbunden, mit San und der unendlichen Liebe aus dem Soolago.

In Eden waren alle in dem Reond, auch die Wesen mit den zwei Beinen, bevor sie „Menschen“ genannt wurden. Sie brauchten keinen Namen und sie brauchten keine Unterscheidung von den anderen Wesen mit vier Beinen, mit Flügeln, mit Schwimmschwänzen, mit Blättern und Blüten oder ohne Beine, denn sie waren mit allen verbunden, lebten nach ihren Gefühlen, von einer Dunkelheit zur nächsten Helligkeit die San ihnen schenkte. Sie hatten eine Verbindung zu allen Wesen und in dieser Verbindung gab es keine Sprache, nur einige Laute, die den Gefühlen einen Ausdruck gaben. Es war ein ständiges Werden und Vergehen in dem Eden, eine natürliche Verbindung in Sicherheit.

Die Wesen haben die Freude sich von dem Leben auf der Erdenmutter zu ernähren. Das Glück nach dem Essen ist das Reond, das ist das Gefühl alles zu haben und nichts zu brauchen. Die kleinen Wesen leben im Wasser, im dunklen Wasser, bevor sie in das Licht gespuckt werden. In dem Wasser leben sie von der Stärke der Mutter und sind in der Blase der Liebe eingehüllt in Geborgenheit. Sie werden immer genährt und es gibt noch kein Auf und Ab zwischen Hunger und Reond. Im Licht beginnt der Weg des körperlichen Atmens - ein und aus. Die Mutter teilt die Stärke über ihre Ondora, die Milch spenden und Wärme und das gemeinsame Glück erneuern. Sie haben jetzt wie Lamorana das Hell und das Dunkel, die Nähe und die Entfernung, das Brauchen und Bekommen. Dem folgt das Reond im Schlaf.

Das Reond ist eine Quelle des Glücks und die Fortpflanzung eine andere. Mehr braucht das Leben nicht. Es wird mit der Freude des Satismo zu dem Sasunol angestachelt.

Nur im Jetzt lebten die Wesen und spielten wenn es hell war, sangen aus dem Herzen, tanzten in der Liebe und schliefen im Dunkel. Das Hell und Dunkel war der Wechsel für Lamorana und für alle Wesen. Sie hatten das gleiche Erleben und das verband sie miteinander. Es verband alle miteinander und aus dem Wechsel von Hell und Dunkel wurde ein Takt für das Leben. Die Bäume wiegen sich hin und her, der Vogel singt und ist still, das Wasser macht die Erde nass und hinterlässt sie trocken, eine Seele kommt in einem Körper und geht wieder hinaus, der Körper öffnet sich zwischen den Beinen, lässt einen kleinen Körper heraus und schließt sich wieder, ein Pfeil fliegt hoch in die Luft und kommt wieder herunter, der Tetong bewegt sich in die Laari und wieder heraus und alle haben Freude. Das Essen macht auch viel Freude, dann geht der Bauch zu und dann kommt der Hunger wieder.

Auf die Erdenmutter Lamorana kommt das lebende Wesen aus dem Soolago, es wird genährt und wächst. Im Verlauf seines Lebens wandelt es aus den e’a die Möglichkeiten um in feste Materie. So verdrängt die feste Struktur aus den Erinnerungen, den Knochen und Stämmen, den Kristallen und Standpunkten die Möglichkeiten. Viel Vergangenheit lässt wenig Zukunft und am Ende klappt der Deckel der Vergangenheit über der Seele zu.

Hier befreit das Licht die Seele wieder von der Materie, sie findet ihren Seelenweg zurück in das Soolago. Die Materie fällt zurück auf die Erde und ist der Humus für das weitere Leben. Die Körper sind das Erbe der Wesen für Lamorana und die nächsten kleinen Wesen.

Dann tat sich ein Trichter auf in dem Garten, ein tiefes unergründliches Loch, eine Lücke in der Geschichte, ein Anfang von einem Ende. Die Wesen mit den zwei Beinen verschwanden in dem Loch, und nahmen sogar die Geschichte mit, die nun auch ein Loch hatte. Der Eden blieb ein Garten der Gefühle, der Nähe, der Wärme der Liebe aber jetzt ohne Wesen mit den zwei Beinen und San setzte seinen Weg fort. Niemand brauchte die Wesen mit den zwei Beinen und niemand vermisste sie und keiner hatte eine Frage.

An der Stelle schwieg Natone und verschwand in dem Loch der Geschichte. Lorademe nahm einen neuen Faden auf und setzte sich an seinen Platz. Alle warteten stumm und saßen still.

Lorademe ist eine hochgewachsene Matona mit weichen und geraden Schultern, festen Bellena und einer gewölbten Mitte, die von einem kräftig runden Lumera über starken Schenkeln ausbalanciert wird. Die großen Matona nennen sich die „Ergane“. Vor vielen Generationen sind unsere Vorfahren aus der Steppe in den Wald gezogen und haben mit den kleineren Waldmenschen Stammesgemeinschaften gebildet und deren männliche und weibliche Anteile übernommen. Lorademes Haut ist dunkel mit einer gelblich-braunen Färbung. Das Gesicht hat schlanke Augen und eine Gandole, wie wir die modellierte Nase mit feinem Rücken nennen. Die Lippen sind leicht geschürzt, rot und voll.

Die Geschichte hatte einen weiteren Anfang bei den Wesen mit den zwei Beinen, die so weiß wurden wie San. Die weißen Wesen mit zwei Beinen waren kaum zu unterscheiden in der neuen fremden Weiße. Sie nahmen ihre Stimmlaute zu Hilfe und gaben sich Namen. Der erste nannte sich Aladam und war ein Disoge, mehr Mann als Frau. Die zweite war eine Alomoi, mehr Frau als Mann und nannte sich Elesa.

„Aladam”, sagt der erste Mensch und zeigt auf sich selbst. Elesa stimmt dem zu und wiederholt: „Aladam“. Damit ist der Anfang gemacht. Elesa und Aladam haben sich ein kleines Stück aus einer neuen Welt geteilt. Nun zeigt Elesa auf sich selbst: „Elesa“ ist ihre Botschaft und Aladam bekommt leuchtende Augen, froh eine Partnerin gefunden zu haben, die das Weltspiel mit ihm teilt. Er kann sie rufen und jedes Mal kommt sie, erkennt seine Stimme und er erkennt Elesa. Sie erweitern das Spiel auf anderes Leben in dem Bild und lernen gemeinsam Dinge zu benennen. „Baum“ sagt und zeigt Aladam und Elesa erwidert „Baum“.

„Baum, Baum, Baum, Baum, Baum“ sagt Elesa und hält jetzt alle Finger einer Hand in die Höhe. So kam das Zählen in die Welt und machte die fünf Bäume gleich. Aber in Eden war nichts gleich, keine Bäume, keine Blumen, keine Menschen, keine Vögel, keine Sandkörner. Also musste die Welt verschwinden und sie fiel in einen Trichter aus dem Eden. Tief pendelte sie langsam durch den riesigen Trichter, der die Welt anglitzerte und ihr Zahlen mitgab, schöne Gegenstände, ordentliche und faszinierende Strukturen, bunte Bilder, klare geordnete Gedanken und einen Verstand für jeden Menschen. Der verstieß die auftretende Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit und tauschte das Vertrauen gegen die Lüge.

Die Menschen verloren im Trichter die Verbindung zwischen den Gefühlen und den Lauten. Ihre Gefühle waren von der Welt gelöst. In ihrer Sprache gebrauchten sie Worte mit denen sie sich über das Bild der Welt verständigten. Worte trugen aber auch die Lügen und versponnene Bilder aus dem Verstand. Worte übten Macht aus über die Gefühle und stellten sie unter den Willen der Menschen. Der Mensch war nun Worte auf zwei Beinen, ein Gefühlsgefängnis mit Wänden aus Willen, Worten und Widerstand. Es gab so viele Wahrheiten wie Menschen mit Wahrnehmungen, so viele Weltbilder wie ausschmückende Köpfe.

Worte machten seine Welt unsicher, denn Worte kann er sich ohne die Gefühle ausdenken. Die Wirklichkeit ist eine Verabredung in den Worten aus den Köpfen. Verbindungen über Gefühle gibt es nur ohne Worte. So viel sie auch zählen und reden, sie kommen nie mehr den Trichter hoch. Sie mühen sich mit neuen Berechnungen und Worten von Unendlichkeiten, Universen, Theorien vom Nichts und von Allem, von Auferstehung und Himmel, von Ewigkeit und Göttern. Und sie verspüren tiefe Traurigkeit als das Gefühl zu der gelogenen und gezählten Welt, die im Trichter die Verbindung zu den Gefühlen aller Wesen verloren hat. Die Unsicherheit ist mit den Gedanken und den Worten aus dem Morast der Lügen in die Welten der Menschen eingezogen. Worte trennen die Welten.

Seit dem Beginn der neuen Geschichte gab es Fragen in der Welt, in ihrer Welt, die sie mit niemandem teilen konnten. Sie waren die einzigen Wesen die Fragen hatten in ihrer Welt ohne Eden: „Warum sind wir hier? Wie sind wir hierhin gekommen? Was sollen wir tun?“ Sie waren unsicher, sie hatten noch immer Gefühle der Verbindung, aber sie waren auch gleichzeitig Zuschauer ihrer selbst. Sie waren sich ihres Selbst bewusst. Das Bewusstsein schleppte weitere Fragen an: „Wer bin ich? Was ist die Wirklichkeit? Was ist die Wahrheit?“

Es gab keine Antworten, denn außer den Menschen verstand kein anderes Wesen das Spiel mit Fragen und Antworten. Alle anderen waren sicher und wohl behütet im Garten Eden. So ist es und so ist es seitdem geblieben. Die Wesen aus dem Eden sind sicher, leben in ihren Gefühlen und haben kein Bild der Welt, denn sie sind keine Zuschauer ihrer selbst. Was sollen sie also fragen?

Die weiß gewordenen Menschen brauchen ein Bild der Welt, weil sie ihre Position in dieser Welt kennen müssen. Ein Zuschauer sieht ein Bild und die Menschen sehen sich selbst in diesem Bild und sie wissen nicht, was sie tun sollen. Es gibt niemand der ihre Fragen beantwortet, weil sie selbst die einzigen sind, die Fragen stellen und nach Antworten suchen. Mögliche Antworten können ihnen nur die anderen Menschen geben, die das Spiel um Fragen und Antworten kennen. Aber wie lässt sich in Erfahrung bringen, ob die Anderen das gleiche Bild der Welt haben?

Die Lügen auf zwei Beinen wollen mit den Gedanken ihre Welt der Gefühle bezwingen. So kam die Krankheit in die Welt.

„Der Tod der Gedanken ist die Wahrheit des Lebens.“ Das ist immer das Ende der ewig endlichen Geschichte. Nach dem Erzähler geht jeder schweigend aus den Worten in die Nacht der Gefühle.

Betäubte Leere legt sich auf mein Herz als die ewig endliche Geschichte in meinem Körper nachhallt wie ein Glockenschlag, der wartender Luft sein Lied auf die Reise durch das Tal der Träume schenkt. Meine halb geschlossenen Augenlider halten den Blick und streuen das Licht der schummrigen Kerzen an den Sinnen vorbei.

Austritt aus dem Paradies

Das Paradies ist die Natur. Es wird gebildet von den Wesen, dem Leben und dem vergangenen Leben und es hält den Rahmen, die Nahrung und alle Potenziale für das Leben bereit. Das Paradies ist nicht erkennbar für seine Wesen und damit bleibt es ein Paradies. Wird es erkennbar, dann ist der Beobachter außerhalb des Paradieses. Der Mensch hat das Paradies erkannt und ist zumindest mit den Erfahrungen und den Strukturen des Verstandes außerhalb des Paradieses. Wir haben unsere Wahrnehmung und unsere Erfahrung, die wir ähnlich wie alles Leben in der Welt mit den anderen Wesen teilen. Für die Kommunikation mit anderen Menschen haben wir ein System aus Sprache, Schrift, Bildern, Gesten und denotativen Symbolen entwickelt, die wir nur mit anderen Menschen in der Kommunikation austauschen können. Daneben tauschen wir absichtlich, also willensgesteuert in Ansätzen Gestik oder Sprache mit anderen Wesen aus, oft ohne zu verstehen ob und warum sie die Absicht hinter unseren Gesten in unserem intendierten Sinne wahrnehmen.

Wenn ich dem Hund den Befehl „Sitz“ gebe, dann tue ich das einmal, damit ich den Nachbarn in Ruhe begrüßen kann und ein andermal, um sein Leckerchen zu verstecken. Mit dem Wort allein werden diese Unterschiede nicht vermittelt und ausgetauscht. Der Hund hingegen tauscht mit anderen Hunden und Wesen eine Vielzahl von Gesten aus oder reagiert auf deren Verhalten (Weglaufen, Drohen, Spielen) in einer Weise, die nur mit viel Übung und Erfahrung nachvollziehbar ist – und oft gar nicht.

Viele Tiere, die wir beobachten und studieren können, reagieren auf die Gefühle und unbewussten Zeichen der Menschen ebenso wie auf die der anderen Tiere. Wenn ein Mensch Angst hat, geht der Hund hin, braucht der Mensch Wärme, legt die Katze sich auf seine Füße, zwitschern die Vögel, empfindet der Mensch Freude. Es gibt zwischen allen Wesen eine Verbindung auf der Gefühlsebene und diese Verbindung ist das Paradies.

Soweit wir es wissen oder erahnen können, teilt das Leben in der Natur die Gefühle und die Reaktionen auf Einflüsse die es erfährt mit allen Wesen. Die Arten haben für ihre Lebenswelt spezifische Wahrnehmungsorgane entwickelt, die ihnen ein Leben ermöglichen und die Potenziale nutzen lassen, die in ihrer Struktur bereitstehen.[2] Die Organe haben jeweils die ausreichende Komplexität für die Fähigkeiten des Organismus. Die Abhängigkeit von den Randbedingungen bedingt solche Organe und sichert die Überlebensmöglichkeiten in den Strukturen.

Pflanzen reagieren auf Lichteinstrahlung und Wasser. Manche Forscher haben nachgewiesen, das Pflanzen und selbst das Wasser auf Gefühle reagiert. Die Wahrnehmung von hell und dunkel reicht manchen Tierarten schon aus um sich daran zu orientieren und in sichere Gegenden zu schwimmen oder sich vor Feinden zu verstecken. Wir würden als Menschen die Wahrnehmungsorgane untersuchen und erklären, dass die Wesen aus der Verdunklung ihres Gesichtskreises auf eine Gefahr schließen. Auf unerklärliche Weise nehmen die Wesen wahr, ob sich ein Freund oder ein Feind auf sie zu bewegt, oder ob sie sich einem Stein oder einer Pflanze nähern. Das können wir nicht wissen und das werden wir nie erfahren, wenn wir von außen auf das Paradies schauen. Wir erkennen das Paradies, weil wir nicht drin sind und wir erkennen überhaupt etwas, weil wir vermutlich mit der Großhirnrinde ein Organ entwickelt haben, das das Selbst-Bewusstsein ermöglicht. Es ermöglicht uns zugleich Akteur und Zuschauer unserer Aktionen, Empfindungen oder Reaktionen zu sein.

Ob die Großhirnrinde eine Entwicklung ist, die im Sinne einer Lamarck’schen Vererbung von Gelerntem uns, den Menschen einen Entwicklungsvorteil verschafft, ist nicht abschließend zu beantworten. Die Evolutionisten bejahen das, denn sie geben dem denkenden Gehirn die Aufgabe, abstrakt zu phantasieren, Pläne zu schmieden, diese zu kommunizieren und gemeinschaftlich umzusetzen. Das habe zum Entwicklungsfortschritt der Menschen beigetragen. Hinzu kommt noch, dass der Mensch sich dessen selbst bewusst ist. Die Jäger konnten also sich selbst erfahren wie sie jagen, die Pläne mit dem Ergebnis vergleichen und Lernprozesse anstoßen, die zu neuen, besseren abstrakten Plänen führen. Im weiteren Verlauf der Menschheitsgeschichte führte das zu Bildern, Modellen und Planzeichnungen, die mit den jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln übergeben oder kommuniziert wurden.[3] Das begann bei steinzeitlichen Jagdgesellschaften und ist mit dem Bohm’schen Atommodell, dem Urknall oder der Maslow’schen Bedürfnispyramide noch nicht beendet.

Der Übergang von den sinnlichen Qualitäten zu den quantifizierten Begriffen und Symbolen markiert den Ausgang aus dem Paradies. Die Menschen „... vergegenständlichten die sich wiederholenden Muster der Sinneserfahrung und statteten sie mit dinglichen Eigenschaften aus, die einem allgemeinen Muster entsprachen. Später symbolisierten sie diese Invarianzen und vergegenwärtigten sie in Bildern und Klängen.“[4] In der Evolutionstheorie führte die Entwicklung des Selbstbewusstseins und der Einsatz des Verstandes als Vorteil im Wettbewerb der Arten zu einer Rückbildung der Instinkte und Sinnesschärfe.[5] Der Mensch trat demnach zuerst aus dem Paradies aus und die Natur versperrte ihm dann die Rückkehr.

Die Frage nach der Reihenfolge oder was war zuerst und damit auch die Suche nach Ursachen und Wirkungen ist nur aus der Endlichkeit zu formulieren, wenn wir davon absehen, dass das Frageprinzip ohnehin aus der Endlichkeit kommt. Das Zuerst muss ja ein Ende haben bevor die Wirkung einsetzt. In der Unendlichkeit hat aber Nichts ein Ende, eine sequentielle Zuordnung von Ursachen und Wirkungen gibt es nicht im Paradies.

Ebenso wenig gibt es eine Zeitskala, die Ereignisse ordnet. Ereignisse bilden gemeinsam Rahmenbedingungen, in die sich neue Aktionen einbringen lassen, die auf diese Bühne passen. Die Zeit bewirkt gar nichts, die Bedingungen sind mehrdimensional. Sie lassen sich erfühlen, aber nicht berechnen.

Es gibt keine Reisen in das Paradies, aber es gibt paradiesische Reisen.

[1] Hinweis auf den Exkurs zu Cantor oder Zermelo

[2] Zu den Details s. das Kapitel über die Abhängigkeiten.

[3] Aus das hier entwickelte Modell der menschlichen „Systemebenen“ ist mit dem Verstand entwickelt und aufgeschrieben.

[4] E. Laszlo, 1998: S. 90

[5] ebd.