Auf der Suche nach dem ersten Stein

Leben, Metaphysik und die Welt.

 

Vom Ego und dem Selbst

Wegweiser zu einem guten Leben

Prolog

Die folgenden Bilder entspringen den Lehren der Spirits, die sich geduldig an meine Auffassungsgabe anpassen. Es hat in unserer Zeitmessung recht lang gedauert, bis ich den Stand erreicht habe, auf dem sich alles zusammenfügt, was mir bewusst ist. In diesem Beitrag stelle ich einen Rahmen zusammen, in dem einige Fragen zum Leben beantwortet werden können. Eine wesentliche Frage wurde von den antiken Philosophen gestellt: „Was ist das gute Leben?“. Daraus leiten sich praktische Fragen ab: „Wie finde ich meinen Weg?“ und „Was soll ich tun?“ Ich empfinde es nach wie vor als schwierig, Antworten zu teilen, weil es meine Antworten sind, die aus meiner Welt und meinen Erlebnissen geprägt wurden. Gedanken und Bilder aus unserer Welt sind nicht deckungsgleich, weil sie in den Überlegungen jedes Menschen jeweils eigene Bedeutungen annehmen. Jeder hat andere Assoziationen mit Worten, die aus seinem Umfeld, seiner Welt und seiner Gesellschaft geprägt sind. Das erschwert die Kommunikation mit Worten. Ich beschreite den schwierigen Weg der Kommunikation mit neuen Worten, die ich in meinem Kontext zu den Fragen des Lebens verwende. Ich gebrauche zusätzlich alte Worte aus dem Fundus der altgriechischen Philosophen, die ihre Bedeutung für unser Leben nicht verloren haben.

Ich will mit Dir ein Bild zu dem inneren Selbst teilen, zu dem Ego und dem Leben. Es soll uns helfen, eine gewisse Klarheit in die Beantwortung der Fragen zum Leben, zur Seele und zu ihrer Bedeutung für unser ganz persönliches Schicksal zu erlangen. Es ist mir wichtig, dem Gewirr der Begriffe zu entkommen, die aus Geist, Seele, Ego, Bewusstsein, Selbst, Sein, Unterbewusstsein, Brahman, Aloha, Psyche, Herz, Gott oder ähnlichen Worten eine Wolke gebildet haben. Diese Wolke erhält je nach Verwendung eine unterschiedliche Festigkeit. In meinen Lektionen der spirituellen Lehrer habe ich eine deutliche Bestimmung der Begriffe und des Gedankenbildes erhalten: Die Seele hat keine Anbindung an die Materie, sie fließt unbeeinflusst - oder fließt auch nicht, sondern ist das reine Sein.

Aus dem Soolago kommt der Funke des Lebens und wird der Seele mitgegeben. Das Leben zu bilden wird dann zu einer Bestimmung der Seele. Sie findet eine Materie, zum Beispiel ein Lebewesen, an dem sie sich realisieren kann. Sie erweckt den Körper zum Leben. Das Selbst ist die Seele zum Körperlichen. An dieser Stelle lassen sich beide synonym verwenden. Die Seele hat wie das Selbst nur Eigenschaften aber keine Materie. Die Seele/das Selbst ist nur Qualität.

 

Die Wirkungen der Seele sind die Gefühle.

Das Ego sind die erkannten Gefühle, die bewusste Seele, das bewertete Selbst. Es hat eine starke Bindung zum Verstand, der nach Orientierung in Ordnungen und Strukturen fahndet. Der Verstand generiert Erwartungen. Der Verstand kann einen Willen erzeugen. Wir sind uns des Egos bewusst und können es vermutlich definieren. Das Ego ist ein Werkzeug des Selbst/der Seele und es kann etwas tun. Bei den Aktionen trifft es mit dem Verstand zusammen, der einen Willen generiert hat und auch etwas tun will. In diesem Zwiespalt zwischen dem Verstand und dem Selbst stecken wir und agieren.

Das Gareta ist die verbundene Seele mit dem Selbst. Es ist ein neues Wort für das, was ich vorher die Seele/das Selbst genannt habe.

Die individuelle Ebene

Ich möchte meine schamanische Sicht auf das Ego teilen und es in die Relation zu dem Selbst stellen das jeder bei sich hat. Dabei soll das Ego von seiner teilweisen negativen Assoziation mit Egoismus befreit werden und eine neue Bezeichnung erhalten. Ebenso wie das ‚Ego‘ hat das ‚Selbst‘ viele Deutungen und wird in Verbindungen mit dem Bewusstsein, dem Verstand, oder den Handlungen bewertet – teilweise auch negativ. Aus der schamanischen Sicht auf die Welt lassen sich beide Begriffe vor allem dadurch unterscheiden, ob sie in Wechselwirkung zu anderen Personen oder Wesen in der Welt stehen oder in der jeweiligen Person ruhen.

Das innere Selbst, der Kern ist mit der Seele verwandt und ruht. Trotzdem bleibt er offen für die Seele, das gemeinsame Selbst.[1] Eine strukturierte Abgrenzung von Ego und Seele ist nicht notwendig, noch nicht einmal hilfreich. Die Annahme einer Grenze innerhalb des Körpers oder im Ego führt uns eher in die Irre, denn wie die Gefühle ist auch das Selbst unendlich.[2] 

Über das Ego kann man sprechen, das Ego wird beschreibbar und damit in die Endlichkeit unseres materiellen Lebens integriert. Damit hat das Ego eine Position und einen Platz in der Gesellschaft. In der Gemeinschaft hat es eine Rolle oder spielt es eine Rolle. In dieser Rolle kann das Ego sogar eingeengt werden. Der Weg aus der Enge soll uns von den Empfindungen gezeigt werden, die das Gareta überbringt. Die Grenzen werden vom Gareta gesprengt, von seiner Kreativität, die neue Möglichkeiten aus dem Nichts generiert. Ein jeder Mensch hat eigene Eingrenzungen, die aus individuellen Erlebnissen herrühren. Deshalb gibt es nur individuelle Befreiungen oder Heilungen, selbst bei mutmaßlich gleichen Eingrenzungen oder Symptomen.

 

Erkenne Dich selbst.

 

Das Leben fängt bei Dir an. Dir erscheint ein Licht am Höhlenausgang, wo für andere noch nicht einmal eine Höhle ist. Das Glück kommt aus dem Selbst, nicht aus dem Ego. Du trägst es in Dir. Jeder hat ein anderes Gareta und so leuchtet jedem ein anderes Licht bei der Erkenntnis und der Akzeptanz seines Selbst.

 Der Begriff des "Ego" ist unscharf definiert. In unterschiedlichen Zusammenhängen bezeichnet er das Ich, die Persönlichkeit, die Wirkung auf Andere, oder das Selbstbild. In den meisten Verwendungen kontrolliert das Ego die Gedanken und das Verhalten.

Oft verbindet man mit dem Ego die Erscheinung einer Person in seinem Umfeld und bei den sozialen Kontakten. Daraus resultieren Verhaltensweisen, die als egoistisch eingestuft werden. In des Wortes Bedeutung liegt zunächst keine Wertung, ein egoistisches Verhalten stellt die eigene Person in den Vordergrund. Eine Voraussetzung dafür ist die Trennung des Egos von den anderen Personen im sozialen Umfeld. Und nicht nur das, sondern auch die Trennung des Egos von der Natur und dem Rest der Welt.

Dionysos beschreibt die andere Welt als ‚blendend, mit Überfluss an Licht‘.[3] In der Interpretation auf die Schamanischen Erlebnisse sind Lichtemanationen als ‚Ausdruck eines Durchbruchs zu anderen Daseinsebenen, des Übergangs vom Ego zum Selbst zu verstehen.[4] Aus dieser Trennung von Ego und Selbst leiten sich vielfältige Initiationsriten ab, in denen das Ego vernichtet wird, die Konstitution des Ego erlöscht, es wird zerstückelt und das Ich-Bewusstsein schwindet dahin. In teilweise martialischen Bildern und Beschreibungen wird der Mensch – und damit sein Ego – spirituell auseinandergenommen, in Stücke gerissen oder verspeist. Letztlich wird er wieder zusammengesetzt und kann seine Arbeit als Schamane für den Stamm aufnehmen. Er kann nicht ohne Ego leben und etwas aktiv tun, Ohne Ego stirbt der Mensch – auch der Schamane. In vielen Fällen nimmt er die Arbeit als Heiler auf, für Personen, aber auch für andere Lebewesen oder Naturseelen. Weitere schamanische Arbeiten fallen ihm ebenfalls zu: Rituale oder Zeremonien abhalten, in die Zukunft blicken, Kraftplätze und Lagerplätze finden, Sterbebegleitung und allgemein viele Dienste zum Wohle der Gemeinschaft. Das bleibt nicht auf eine Person begrenzt, die Gesellschaft kann durchaus mehrere schamanische Arbeiter haben. Alle agieren zum Wohle des Gemeinwesens.

 

 Der Schamane ist altruistisch.

 

Meine eigenen Erfahrungen und Lehren in der schamanischen Arbeit sind in den Rahmenbedingungen unseres Kulturkreises entstanden. In der Initiation lassen sich Parallelen und Zitate aus anderen Kulturen wiederfinden. Einige Kernbestandteile sind auch zu mir in meiner größten Not gekommen. Die Spirits haben mich unten aus dem Sumpf geholt, in den ich mich selbst eingematscht hatte. Ich war weit ab von jeder Harmonie [5] mit mir. Ich kannte mich nicht und lebte in einer Rolle. Dann begann mit der Hilfe der Spirits ein neues Leben ohne physischen Tod. Ich ging auf spirituelle Reisen, lernte meine Krafttiere und spirituellen Helfer kennen.

 

 

Bei mir entwickelten sich die Fähigkeiten und Aufgaben langsam. Es gab kein Umkippen in eine neue Singularität. Die ersten zehn Jahre ungefähr wurde ich in meine innere Harmonie gebracht. Erst nachdem ich einen festen Stand in meiner Mitte hatte, begann die Arbeit mit anderen Personen, anderen Landschaften und anderen Lebewesen. Jetzt konnte ich ohne Ego andere Positionen in der ganzheitlichen Natur der Mutter Erde erfühlen.

Bei meiner schamanischen Arbeit reduziert sich das Ego, bis es oft ganz verschwindet und das Selbst sich frei entfaltet. Dann erfahre ich die Weisheiten und Ratschläge der Spirits und kann meine Bitten um Hilfe für mich, für andere Lebewesen oder Naturseelen vorbringen. Es sind Ratschläge, Arbeiten und Hilfen, die in unserem gesellschaftlichen Umfeld wirken. Für mich ist der ‚Ratschlag‘ oder ich kann auch formulieren, die ‚Forderung‘ der Spirits essentiell wichtig: „Reduziere dein Ego. Wenn du nicht mehr erkennbar bist, wenn du keine Rolle spielst, kannst du Jeder und Jedes sein. Dann senden wir durch dich die Hilfe.“ Selbstverständlich muss ich vor dem Handeln in der gemeinsamen Wirklichkeit mit anderen Menschen wieder mein Ego zurückholen.

Ich gewann eine sehr gesteigerte Aufmerksamkeit, ich erfuhr das Aufnehmen und Verstehen der Gefühle, ich hielt Verbindungen auf seelischem Niveau, vertraute Vorahnungen und erhielt Weisheiten. Aber für mich und meine Umgebung ist der Schamanismus eben nicht die animistische Arbeit der Naturvölker, sondern eine Arbeit in unserem Kulturkreis – wenn auch an seinem Rand.

 

Die Spirits haben kein Ego.

 

Deshalb brauchen sie mich und ich brauche sie.

Die gesellschaftliche Ebene

Egoismus in der Gesellschaft führt zu schwer auflösbaren Problemen und nicht zum Wohlstand für Alle. Sich selbst in den Vordergrund zu rücken gelingt logischerweise nur, wenn die anderen Menschen, die Natur und der Rest der Welt im Hintergrund sind – das ist trivial. Dazu braucht es die Trennung zwischen der eigenen Person und den Anderen, sonst ist die Gruppierung und Rangfolge unmöglich. Diese Trennung muss sogar emotional befestigt sein und die Verbindung zu dem Rest der Welt abgeschnitten. Die Empathie sinkt auf ein sehr niedriges Niveau, sonst würde der Egoist gleichzeitig mit den Anderen im Hintergrund empfinden. Egoismus bekommt je nach kulturellem Hintergrund eine positive oder negative Wertung. In einer Machtgesellschaft ist er eine Bedingung für den Erfolg, was zu einer tendenziell positiven Belegung des Begriffes führt. In der Ökonomie der Machtgesellschaft ist die Suche nach dem eigenen Vorteil fest verankert.[6] Die entsprechenden Regeln sind als Voraussetzungen für ökonomisches Handeln formuliert. Wenn die Ökonomen von der Maximierung des Nutzens sprechen, dann ist damit nicht die selbstlose Befriedigung des Nutzens Anderer gemeint, sondern der Eigennutz, den im ökonomischen Kontext jeder maximiert.[7]

Das Ego zielt in der Machtgesellschaft auf die Beeinflussung oder gar die Beherrschung der anderen Wesen in der Welt einschließlich der Natur. Es hat eine Außenwirkung und eine Zielrichtung. Es kann überhaupt erst als Ego erkannt werden in der Wirkung auf Andere. Für die eigene Person hat das Ego allenfalls eine Bedeutung, wenn man sich selbst in seiner Wirkung auf Andere beobachtet oder gezielt eine Rolle spielt. Ob es dann noch einmal zurückwirkt und sich an dem anderen Wesen oder der Natur reflektiert, bleibt in der eigenen Beobachtungsgabe stecken. Wichtig ist die konstitutive Bedeutung der Wechselwirkung für das Ego.

Der Mensch ist ein soziales Wesen mit Kontakten zu anderen Menschen – und zu Tieren, Pflanzen und der gesamten Natur. Das ist die Grundvoraussetzung für das Leben des Menschen. Der Kontakt ist auch die Fläche der Wechselwirkung für das Ego. Ich komme darauf später zurück. Für die Sicht auf die Welt und die gemeinsame Wirklichkeit liefert die Abstimmung mit den anderen Menschen eine wichtige Basis.[8]

Um das Ego bilden die Menschen zur Organisation des Zusammenlebens die Gesellschaft, die sich aus den Individuen formt. Sie geben sich Regeln für die Welt in der sie leben und bewerten an diesen Richtlinien und Gesetzen die Wirkungen und Ergebnisse der individuellen Aktionen.

 

Regeln sind ein Spiegel der Ethik

 

Die Regeln sind ein Spiegel der Ethik, die in den westlichen Gesellschaften von der Machtausübung geprägt ist. Aus der Gegenüberstellung mit der gesellschaftlichen Ethik erhält Egoismus von dem sozialen Umfeld eine positive oder negative Bewertung. Eine Ethik auf der Grundlage des Egoismus und der Ausübung von Macht wird den Egoismus des Einzelnen per definitionem gutheißen und positiv bewerten.

 Die westliche, technische Gesellschaft erzieht ihre Kinder und Bürger zu Egoisten und ermuntert sie, nach ihrem eigenen persönlichen Vorteil zu handeln. Die politische Ordnung, die Ökonomie oder die staatliche Kontrolle wird dann dafür sorgen, dass diese eigennützigen Bestrebungen in ein Gemeinwohl umgewandelt werden. Dem liegt die Annahme eines naturgegebenen Eigennutzes zugrunde. Das ist aber nur eine kulturell gesetzte und anerzogene Annahme, denn in der Natur gibt es genügend Beispiele aus sozial geprägten Zusammenschlüssen, in denen das Gemeinwohl über das individuelle Wohlbefinden gestellt wird.

In synergetischen Interessengemeinschaften, in Stammesgesellschaften, in Familien und Vereinen, in Hilfsgruppen oder im Teamsport bringt der Einzelne Opfer für seinen Stamm, seine Familie, seine Gruppe. Im Ergebnis wird er auch Nutznießer aus anderen gemeinnützigen Aktionen werden.[9] Er gibt beim „Geben“ sich selbst, und zwar darum, weil man sich selbst – sich und seine Besitztümer – den anderen „schuldet“.“ Das Ego tritt vollständig hinter der Geltung des Selbst zurück.

Das Gegenteil ist bei den Machtgesellschaften zu beobachten. Hier ist der Machthaber das Vorbild und gibt die Regeln für seine Untertanen, seine Mitarbeiter oder allgemein ‚sein Volk‘ vor. Er spielt die Rolle des Herrschers im Großen, wie die untergeordneten Schichten ihm nacheifern und auf ihrem Niveau die Macht gegenüber den noch darunter liegenden Mitgliedern der Gesellschaft ausspielen. Für diese kulturelle Variante muss das Ego von den anderen Personen getrennt sein und seine Rolle als Machthaber verstehen und lieben. Das Ego lässt eine Verbundenheit mit den anderen Selbst gar nicht zu. Die Gegenüberstellung zu den anderen Selbst erfordert Distanz.

 

Das Ego agiert mit Distanz.

 

Das Ego ist von den anderen Selbst getrennt und es erfordert Macht, diese Trennung aufrecht zu erhalten. Machtanwendung ist ein unnatürliches Prinzip und so ist das Ergebnis "Egoismus" auch unnatürlich. Die Biologin Lynn Margulis hat in ihren vielbeachteten Beiträgen zur Evolution die Symbiose zum Grundprinzip jeden Lebens auf Erden erkoren hat.[10] Ohne Symbiosen gibt es kein Leben. Ohne Symbiosen hätten sich die ersten Eukaryoten (Zellen mit einem Kern) nicht entwickelt. Ohne Symbiosen zwischen Bienen und Blumen gäbe es keine von beiden.

 Das Ego hatte bei Rene Descartes noch nicht diese Besetzung und Struktur der isolierten, abgetrennten Persönlichkeit. Das "Cogito, ergo sum." lieferte noch keine Trennung vom Ganzen, etwa in dem Sinn: "Ich denke, also bin ich - allein." Die Frage ob er denkt und dennoch mit dem Ganzen verbunden ist, hat er nicht beantwortet, nicht einmal thematisiert. Descartes hat in seinen Meditationen[11] (S. 73) ausgeführt, dass der Körper von anderen Körpern getrennt ist, aber über die Einheit des Geistes mit dem unendlichen Gott hat er sich nicht ausgelassen. Der Geist ist nach seiner plausiblen Argumentation unendlich[12] und Gott ist unendlich (S. 41) aber die Verbindung zwischen beiden und damit die Einheit des Geistes mit allen anderen "Geistern" hat er nicht gefolgert. Dabei liegt dieser Schluss doch auf der Hand. Eine Unendlichkeit hat per definitionem keine Grenzen. Ein Geist oder eine Seele kann nicht in einem endlichen Körper gebunden sein. Sie kann auch nicht von den anderen Seelen getrennt sein. Die Unendlichkeit ist verbunden, weil es keine trennenden Grenzen gibt. Grenzen in der Unendlichkeit sind ohne Sinn und Bedeutung.

 

Unendlich und Endlich ergibt Endlich.

 

Das Ego ist in dieser Argumentationskette das unnatürliche von Gott oder der Unendlichkeit getrennte Ich. Das Ego ist das getrennte Selbst und Bestandteil der Struktur, die im Verlauf der Ereignisse eines Lebens aufgebaut wird. Das Ego geht mit der Struktur unter, es stirbt. Für das mit der Unendlichkeit verbundene Selbst braucht man einen anderen Begriff. Einen Begriff, der in seiner Bedeutung dem Bewusstsein näher ist - Selbst und doch verbunden mit der Unendlichkeit. Die Bezeichnung dafür ist ‚Gareta‘. Der Begriff des ‚Selbst‘ ist am Ende seines Bedeutungslebens wie der Begriff des ‚Ego‘. Anders als der Begriff ‚Selbst‘ ist Gareta am Beginn seiner Verwendung in der Sprache und hat ein neues Leben.

 Die Gareta braucht eine eigene Bezeichnung, um sie nicht mit der Wahrnehmung, dem Ego, den Veranlagungen, Talenten, dem Karma oder Charisma zu verwechseln. Gareta ist die individuelle Konstitution, die Verteilung von Ausprägungen in groben und feinen Abstufungen. Die Gareta mag vererblich sein, sie mag die Kraft der Vorfahren und deren Erfahrungen beinhalten. Sie kann in ihren Wirkungen beobachtet werden, woraus sich kein Rückschluss auf Ursachen ziehen lässt. Ayurveda gehört zu den bekannten Interpretationen der Gareta aus der alten indischen Lebensweisheit. Jedes Wesen bringt unterschiedliche Zusammensetzungen der Dosha mit in dieses Leben - Vata, Kapha und Pitta. Diese sind unveränderlich und geben die Konstitution vor, der jeder selbst bewusst sein soll, will er ein zufriedenes, ausgeglichenes Leben führen. Die Harmonie mit der individuellen Gareta ebnet den Weg zu einem guten Leben.

 In vergleichbarer Weise hat Platon diese Idee oder Weisheit in seinen philosophischen Erzählungen der Politeia als drei Aspekte der Psyche wiedergegeben.[13] Platon klassifiziert sie als: das Triebhaft-Affektive, das Leidenschaftlich-Emotionale und das Vernünftig-Rationale. Auch bei Platon ist die Harmonie dieser drei Wesensbestandteile miteinander und mit dem logos der Gottheit die Grundlage der Glückseligkeit.[14] Das Glück ist nicht die Zielerreichung, sondern die Übereinstimmung der Gareta mit dem gesamten kósmos. Es folgt daraus wie selbstverständlich, dass der Mensch sich selbst und seine Gareta kennen muss.

 

Das Leben beginnt bei Dir selbst.

 

 

Beim Austritt aus dem Soolago ist das Wesen in vollem Umfang mit der Unendlichkeit verbunden, es hat eine eigene Gareta, aber keine festgelegte Struktur. Aus dem Soolago, dem unendlichen Bereich aller Möglichkeiten kommt es mit der Möglichkeit zu leben, mit einem endlichen Potenzial für viele Entwicklungen. Jedes Wesen bringt die Gareta mit in diese Welt. Und die Gareta verändert sich nicht, soll sich nicht verändern, darf sich nicht verändern. Das Gareta ist unendlich. Es macht das Wesen aus, es macht den Menschen aus und ist der Kern, der Anspruch auf ein behütetes Leben, auf Glück, Liebe und Zufriedenheit hat, solange er sich in der Welt aufhält.[15] Es geschieht etwas, und das neue Wesen lernt den Umgang in den Rahmenbedingungen seiner Welt. Es lernt, wer die Mama ist, wo das Essen herkommt, wie man spricht und welche Rolle von ihm erwartet wird. Jedes Ereignis, jede Entscheidung, jede Änderung der Rahmenbedingungen verfestigt das Ego[16], indem es einen Teil der unendlichen Möglichkeiten aus dem Potenzial festlegt. Hinter diese Entscheidung, diese Weggabelung geht es nicht mehr zurück.[17]

Die zeitliche Dimension

Damit erreichen wir die naturgegebene Unterscheidung im sogenannten "Zeitablauf": Zeit ist Menschenwerk und sinnlos aus Sicht der Natur. Wenn nichts geschieht, hat der Begriff der Zeit keinen Sinn.[18] Für das Ego ist die Frage wichtig, ob Abläufe noch beeinflusst werden können - Zukunft -, d.h. ob sie noch im ungenutzten Bereich der Möglichkeiten, der Potenziale sind. Die Gareta sieht die gleiche Frage aus der komplementären Sicht: Wie viele Potenziale die es aus dem Soolago mitgebracht hat, sind noch erreichbar? Welche Wege sind endgültig außerhalb der Reichweite der Möglichkeiten, weil an den entscheidenden Bifurkationen ein Schritt auf den anderen Weg geführt hat. An dem Beginn des Lebens wird die Zukunft ermöglicht. Die offenen Möglichkeiten reduzieren sich entlang des Weges durch das Leben, aber es bleiben immer genügend Potenziale in Reichweite, um das Glück im Leben zu erreichen. Das letzte Glück ist immer möglich – der Abschied der Seele aus der Welt.

In der Welt des Egos ist die Zukunft unsicher und das Gefühl des Lebens zur Zukunft ist die Hoffnung oder die Freiheit, Veränderungen zu erleben oder zu gestalten. Der Mensch, der diese offenen Horizonte liebt, wird als kreativ bezeichnet. Für ihn ist der Blick auf den Rest der Unendlichkeit gerichtet, der noch gestaltbar ist und der freie Potenziale eröffnet. Die Eingrenzung dieser Möglichkeiten wird als Einschränkung erlitten, als Gefängnis für das Selbst. Lässt man die Gareta gewähren und nach einer Erfüllung ihres Anspruches an die Liebe und Zufriedenheit suchen, dann werden die Mauern fallen und das Gefängnis für die Seele wird sich öffnen. Sicherheit liegt in der Freiheit.

 

Angst versperrt die Tore zur Freiheit.[19]

 

Nichts entwickelt sich in die ungewisse Zukunft in Verfolgung eines Plans. Niemand hat einen Plan. Die Natur braucht keinen Plan, sie braucht lediglich das Prinzip des Lebens und Wasser. Das Lebensprinzip liefert die Möglichkeiten an die das Leben sich anpasst. Rückschauend gewinnen die Menschen den Eindruck als gäbe es eine planvolle aufbauende Entwicklung.

Das liegt aber eher an den speziellen Fähigkeiten des Verstandes gewisse Muster und Strukturen zu suchen. Er findet sie selbst dort, wo keine sind. Die Strukturen sind die gefrorenen Ereignisse des Lebens. Aus der Reaktion auf die Rahmenbedingungen werden Strukturen gefestigt. So lassen sich in dem individuellen Leben die Muster des Lebensprinzips wiedererkennen.[20]

Das Leben braucht zur Entstehung vergangenes Leben und die e’a aus dem Soolago. Das vergangene Leben ist Struktur in dem Sinne wie wir die tote Materie als reine Struktur bezeichnen. Die gefrorenen Ereignisse in dem individuellen Leben sind ebenfalls die Strukturen, weil sie ähnlich ‚tot‘ und unveränderlich sind. Sie generieren eine Vergangenheit und beschreiten in Synergie mit den Möglichkeiten einen ersten Schritt auf dem Weg in die Zukunft.

Der Schritt ist ein Ereignis in der Gegenwart. Die Gegenwart ist dadurch definiert, dass in diesem Zeitraum oder Moment Aktionen gerade zur Entscheidung anstehen. Die Weggabelung ist im Jetzt zu beschreiten. Die Gegenwart ist nicht in Zeiteinheiten zu messen, sondern in der Länge der Entscheidungsdauer bis die Weggabelung passiert ist. Die Gegenwart ist ebenso ereignisabhängig wie jede andere Zeitempfindung. Geschieht nichts, gibt es keine Gegenwart und keine Zeit. Jedes Ereignis und jede Strukturierung haben ihre eigene Dauer der Gegenwart.

Werden Entscheidungen getroffen und die Wege eingeschlagen, sind die Strukturen festgelegt, dann ist die Empfindung dazu: Vergangenheit. Der Lauf der Welt bis in die Gegenwart ist nicht veränderbar, der Zugriff darauf ist Erinnerung oder Erfahrung. Der Mensch kann sich in der Erfahrung und in der Struktur wohlfühlen, wenn er die Endlichkeit liebt, Veränderungen scheut und seine Sicherheit innerhalb der gefestigten Schranken findet. Außerhalb dieser Strukturen ist die Unsicherheit, sind die unwägbaren Risiken. Für die strukturierten Menschen sind unveränderte Rahmenbedingungen eine willkommene Grundlage ihrer Welt. Sie würden ihr Ego an die Rahmenbedingungen anpassen, um die Strukturen zu festigen.

 

Better safe than sorry.

 

Menschen mit einem hohen kreativen Anteil in ihrer Gareta neigen dazu die Rahmenbedingungen zu ändern, das heißt neue Potenziale und Möglichkeiten einzubringen. Das mag ein unsteter Lebenswandel in den Augen der etablierten, strukturierten Menschen sein. Aber darauf kommt es nicht an. Die Zufriedenheit entsteht nicht mit der Anpassung an die Erwartungen des Umfeldes und der Gesellschaft. Das gute Leben wird durch eine weitgehende Anpassung an die eigene Gareta ermöglicht. Auch ein unsteter oder wenig rational begründeter Lebenswandel trägt durch das Leben, wenn er der Gareta entspricht. Die Spirits haben mich gelehrt: ‚Das Leben fängt bei Dir an.‘

In diesem Sinne ist ein Leben in kreativem Chaos eine gesunde Grundlage, wenn es zu dem jeweiligen Wesen passt. Der Ausbruch aus den Rahmenbedingungen oder zumindest das Einbringen neuer Potenziale braucht das Vertrauen in die Natur, die alle Wesen auf die Erde gebracht hat und ihnen die Mission mitgegeben hat, glücklich und zufrieden zu sein. Wenn wir uns selbst erkennen und die für uns passenden Entwicklungen zulassen, dann sind wir behütet. Die Mutter Erde wird uns den Rücken stärken und die Sicherheit gewähren, in eine Zukunft mit geänderten oder unklaren Rahmenbedingungen zu gehen.

Die Rahmenbedingungen

Ob nun die Wesen sich an die Rahmenbedingungen anpassen oder sie ändern, ist ein Ausdruck des Selbstbewusstseins. Das Eine oder das Andere wird Aktionen und Ereignisse nach sich ziehen. Mit den Ereignissen kommt auch die Zeit in das Leben, genauer das Zeitgefühl für die Vergangenheit. Für die Zukunft kann es kein Zeitgefühl geben, es ist ja noch nichts geschehen. Die Zukunft lässt eine Ahnung gedeihen, welche Potenziale und Möglichkeiten noch in der Reichweite sind. Aus der Vergangenheit prägen die Erlebnisse das Gefühl für die Zeit. Jedes Wesen hat seine eigene Zeit, die es aktiv gestaltet und mit Erlebnissen füllt oder deren Ereignisse in seinem Leben aufgetaucht sind.

 Das macht das Zeitgefühl aus und die jeweils individuelle Einschätzung, wieviel Zeit schon vergangen ist. Welche Ereignisse sind schon geschehen und haben eine Struktur gefestigt, die nicht mehr veränderbar ist? Die Antwort liefert ein individuelles Gefühl für die Position oder den Stand auf der Potenzialkurve.[21] Welche Potenziale gibt es noch, mit denen sich das Leben gestalten lässt? Das legt die Vermutung nahe, dass die Potenziale abnehmen, die Möglichkeiten sich erschöpfen. Für die erreichbaren Möglichkeiten in den gewählten oder vorgefundenen Rahmenbedingungen trifft das zu.

Zu Beginn des Lebens ist die Vielfalt der Möglichkeiten fast unübersehbar. Bis zur Geburt gibt es wenige Aktionen und Erlebnisse, die eine Struktur festigen können. Es gibt keinen Plan, denn die Natur hat uns in die Welt geholt und wir vertrauen auf ihre Liebe. Das Vertrauen braucht keinen durchdachten Plan, sondern nur ein Gespür für die erkannten Möglichkeiten. Eine Möglichkeit zu ergreifen, reicht für den nächsten Schritt in die Welt.

Das Gefühl, das Vertrauen und die Liebe sind die Mitbringsel aus dem Soolago. Wir bringen nur die Gefühle mit in unsere Welt. Eine rationale, planvolle vom Verstand gesteuerte Entwicklung gibt es beim Menschen nicht von Beginn an und bei den anderen Wesen sicher auch nicht. Eine Zukunft wird nicht von Natur aus erwartet. Aus den Erwartungen entsteht erst die Zukunft.

 

Bedürfnisse sind die strukturierten Erwartungen an die Zukunft.

 

Bevor das Lebewesen an das Licht kommt hat es keine Erwartungen. Was sollte es auch erwarten? Es wird versorgt und von den Widrigkeiten des Lebens und der Rahmenbedingungen abgeschottet. Außerhalb des Mutterbauches oder einer anderen Wachstumsumgebung ist nichts Erkennbares und nichts, was der heranwachsende, beschützte Organismus vermissen kann.

 

Es gibt keine Zukunft.

 

Das Leben hat ein Gefühl, es gibt aber keinen Anlass und keine Notwendigkeit, über das Gefühl nachzudenken oder es gar in Zweifel zu ziehen. Das Gefühl wird vielmehr als das einzige verlässliche Signal für das Selbst gebraucht.

 Mit dem Gefühl erkennen der Mensch und jedes Lebewesen oder jede Pflanze die Möglichkeiten in ihrer Welt. Das Leben ist der Rahmen, in dem das Wesen die ersten Erfahrungen macht. Mit den Reaktionen auf die Rahmenbedingungen bilden sich die strukturierten Teile des Lebens als Erinnerungen.

 

Die Vergangenheit entsteht.

 

Die Welt entsteht.[22] Es ist die ganze Welt und es ist Deine Welt.

Es gibt Lebensbedingungen, die für alle gelten und die wir nicht gestalten. Die Erde ist für Alle der Lebensraum, sie ist unser Lebensraum. Der Mensch kann nicht aus eigener Kraft fliegen und nicht lange unter Wasser schwimmen. Das gilt allgemein für jeden Menschen, es lässt sich individuell nicht ändern. Und doch gibt es eine individuelle Welt und ein individuelles Leben.

Die individuelle Welt findet der Mensch oder jedes andere Wesen nicht vor, sie ist nicht gegeben, sondern sie entsteht mit den Aktionen und den Erlebnissen. Jeder ist für die Entwicklungen in seiner Welt selbst verantwortlich, er hat sie schließlich in seinem Leben selbst gestaltet. Noch bevor die Welt gestaltet wird, findet das Leben des neuen Wesens einen Lebensraum vor, der seiner Welt die Basis gibt. Es sind die Rahmenbedingungen, die sich manifestieren aus der Vergangenheit aller Lebewesen.[23] Mit den ersten erlernten Worten, den Bewegungen und Reaktionen, den Erlebnissen und Abenteuern formt sich die Struktur der eigenen Welt.

 Die individuelle Welt braucht zu ihrer Entstehung den Lebensraum als Basis und zusätzlich die Ergebnisse der Aktionen unseres Ego. Das Ego wird erst an seinen Aktionen erkennbar. Es kann etwas gestalten und das kann sogar unabhängig vom Selbst sein. Die Aktionen des Ego haben diverse Quellen. Sie entspringen der Gareta und sind in dem Fall mit den Selbst der anderen Wesen verbunden. Bei anderen Gelegenheiten entspringen die Aktionen der Rolle, die der Mensch in der Gesellschaft gelernt hat, die er aus dem kulturellen Zusammenhang adaptiert oder sich selbst zugedacht hat. Aus dieser Konstellation leiten sich manche Aktionen ab, die mit der Gareta gar nicht mehr vereinbar sind und ihr sogar zuwiderlaufen. Auch die häufen sich zu Rahmenbedingungen. So findet sich der Mensch oder das Wesen in einer Welt wieder, in der seine Gareta eingegrenzt ist. Die Gareta mag diese Eingrenzung als ein Gefängnis empfinden und sich mit Vehemenz dagegenstemmen. Trotzdem ist die individuelle Welt die einzige Welt, die jeder von uns hat und sie ist die ganze Welt.

Wie bei der Gareta haben wir in der Welt eine Synergie des Ganzen mit dem Individuellen. Wir haben den im Hintergrund liegenden endlichen Weltteil, den wir wahrnehmen und den wir mit anderen als die Wirklichkeit abstimmen. In Synergie mit der endlichen Wirklichkeit haben wir den individuellen, durch unsere Aktionen entstandenen endlichen Weltteil. Nennen wir den beides zusammen das „Banta“. Alles Endliche, alles Körperliche und Materielle, vorgefunden aus den materiellen Resten vergangener Leben und aufgebaut mit unseren eigenen Aktionen, ist das Banta.

 Während unser Körper in der materiellen Welt ist, sammeln wir Strukturen als materielle Gegenstände, als Erinnerungen, als Gewohnheiten und Sichtweisen, als Formen des Körpers und als Begrenzungen der Seele. Alles geben wir wieder ab am Ende des biologischen Lebens und die Seele ist frei.

 Erkennen wir an diesen gesammelten Strukturen die Menschen und ihr Leben? Oder erkennen wir die Menschen an ihren Potenzialen, an der Kreativität der Seele? Das Banta ist unsere endliche, individuelle Welt, die wir gestaltet haben und die wir umgestalten können.

Autopoiesis

Wir treffen hier wieder auf die Autopoiesis (griechisch für Selbstherstellung), wie schon beim Lebensprinzip und bei der Gareta. Die Rahmenbedingungen werden in der Entwicklung selbst hergestellt. Sie sind die Reste, die verbleibenden Strukturen und die Randbedingungen für die weiteren Entwicklungen.

Wir haben immer Möglichkeiten aus der Natur, von Mutter Erde, von den Spirits, aus dem Soolago, mit denen wir unsere Welt ändern können. Das Zusammenwirken von Gareta und Banta wird in dem Bild der Welt symbolisch dargestellt.[24]

 Je nach der Harmonie der Gareta mit dem Banta als Rahmenbedingungen und den verbleibenden Möglichkeiten ist der Mensch glücklich oder krank. Gesund und zufrieden ist er, wenn seine individuell geprägte Gareta im Einklang mit seiner Welt, seinem Banta, ist. Dieses Glücksgefühl ist die Basis des erfüllten Lebens. Seine Gareta kann sich innerhalb der Möglichkeiten entfalten und erwartet in der Zukunft weiterhin den Einklang mit seiner individuellen Welt. Unglücklich und verzweifelt ist er, wenn seine Gareta sich in permanentem Widerspruch zu seiner Welt befindet. Erscheint der Widerspruch unauflöslich, wächst die Angst vor der Zukunft. Die Gareta sieht keine Entfaltungsmöglichkeiten und fühlt sich als Gefangener in der Welt. Alles ist strukturiert, es sind kaum noch Möglichkeiten offen. Das ist das Ende und in dieser Enge ohne Ausweg gibt die Seele den Körper auf.

Die persönliche Welt

Aus unbekannten Gründen bringt jedes Wesen unterschiedliche Gareta mit in sein Leben.[25] Die Veranlagungen sind sehr vielfältig und differenziert. Bei menschlichen Wesen lassen sie sich auf drei Wurzeln zurückführen, auf die Gefühle, die Ratio und die Reflexe. Das sind keine ausschließenden Merkmale, sondern Schwerpunkte in den persönlichen Eigenschaften.

Sie wirken im Hintergrund jeder Wahrnehmung und sind die Grundlage jeder Entscheidung an den Weggabelungen[26] der Gegenwart. Sie festigen das Banta und damit einen Teil der Welt. Bei jeder Entscheidung, jeder Aktion, jedem Erlebnis kann der Schwerpunkt verlagert werden. Das Ego ist präsent und dominant oder es tritt zurück und lässt der Gareta den Vortritt und die Entscheidung an der Weggabelung. Entsprechend langsam ändert sich das Banta aus dem Fluss des Lebens. Ein neuer Stein in einer anderen Farbe oder Festigkeit wird an die Struktur gebaut und gibt dem Leben Banta.

Wie auch immer das Banta strukturiert ist, es ist die Randbedingung des Glücks, der Zufriedenheit, der Freude und der Ausschöpfung des Potenzials aus den Rahmenbedingungen.

Banta determiniert in der Gegenwart die Art und Richtung, in der Entscheidungen getroffen und Strukturen festgelegt werden. Sind die Grundlagen der Entscheidungen aus der Vergangenheit und den Erfahrungen abgeleitet oder prägt die Phantasie in die Zukunft und die Hoffnung das Entscheidungsbild? Es gibt dazu keine duale Antwortvariante, keine Möglichkeit, das mit richtig oder falsch zu beantworten. Jeder Mensch hat ein anderes Profil, eine andere Gareta. Wird die Entscheidung in der Gegenwart aus den erkannten Möglichkeiten im Einklang mit der eigenen Gareta getroffen, resultiert daraus ein mit Zufriedenheit, Glück und Gesundheit gefüllter Strukturbaustein zur Banta des Menschen.

Welche Gareta hat der Mensch, kann er seine individuelle Gareta erkennen? Die Möglichkeit, sich selbst kennenzulernen, die Freiheit der Selbsterfahrung ist die größte Herausforderung für den Menschen als denkendes Wesen. Der Beobachter seiner selbst zu sein ist bei dieser Aufgabe notwendig. Wie habe ich in der Vergangenheit entschieden, welche Strukturen habe ich aufgebaut, was verhilft mir zu Glück und Zufriedenheit, wie empfinde ich Sicherheit und Geborgenheit? Ist es das Vertrauen in die unendliche Kraft der Natur und die unendlichen Gefühle, dass mir Mut für die Zukunft verleiht und mich unangreifbar macht? Gibt mir die Erfahrung den Rückhalt für das restliche Leben?

Die Wege zu den Antworten sind nicht leicht zu finden und von Irrtümern übersät. Die Notwendigkeit der Selbsterkenntnis wird oft von der Ratio zurückgedrängt, die aus der sozialen Einbettung und der kulturellen Konditionierung die Sicherheit in der Gemeinschaft mit der Sicherheit in der Natur, in der Unendlichkeit verwechselt. Die Befreiung aus diesem rationalen Gefängnis auf dem Weg zur Selbsterkenntnis beginnt mit einem schweren, manchmal schmerzhaften Schritt.

 

Γνῶθι σεαυτόν - Erkenne Dich selbst.

 

Die Realisierung der einen oder anderen Einschätzung (optimistisch oder pessimistisch), gesund oder pathologisch, glücklich oder unglücklich, ist das Ergebnis des Abgleichs der Gareta mit den Rahmenbedingungen und Erwartungen, in denen die Persönlichkeit sich wiederfindet. Wirst Du als kreativer Mensch in Rahmenbedingungen festgehalten, die die Kreativität nicht zulassen, empfindet die Seele das als Gefängnis und gibt über den Körper die Signale ihrer Befindlichkeit.[27]

Brauchst Du Beständigkeit und findest Dich in einem kreativen Chaos wieder, fühlst Du Dich krank. Ignorierst Du diese Signale oder versuchst, lediglich die Symptome zu beseitigen, damit der Körper bald wieder funktioniert, bleibt die Seele unglücklich. Sie hat lediglich keine Stimme mehr.

Eine endgültige Befreiung bleibt immer. Niemand hat Dir zugesichert, dass Du lange lebst. Aus Sicht der Natur und der Mutter Erde gibt es keine Notwendigkeit für lange Leben. Die finale Lösung für Deine Krankheit ist Dein Ableben. Die Seele übergibt den Körper seiner letztendlichen Bestimmung als Humus für weitere Leben.

Das Selbst kann andere Ausprägungen haben, als wir uns das wünschen. Es kann andere Ausprägungen haben, als es zu unserer Rolle passt, der wir uns verschrieben haben oder in die Andere uns hineinerzogen haben. Das ist nicht zu ändern. Das Gareta ist unendlich und unwandelbar. Es gibt keine Berechtigungen aus der Gesellschaft, der Kultur oder von irgendeinem Außen, dieses Gareta zu formen oder zu richten. In der Verbindung zu anderen Selbst ist es als Gareta in das Leben eingebettet. Die Gareta kann konventionell und gut strukturiert sein. In diesem Fall wird sie sich in einer gut organisierten Lebenswelt wohlfühlen und glücklich sein. Eine unerträgliche Bedrohung ist für sie das Leben in oft wechselnden Randbedingungen oder erzwungene Reaktionen auf unvorhersehbare Ereignisse, Ausrichtung auf unsichere Zukunft und der Verlust von Strukturen. Die Seele findet sich in ständiger Angst wieder und gibt über den Körper ebenfalls Signale ihrer Verzweiflung.

Beide Beispiele zur Freiheitsberaubung des Kreativen, wie zur Verunsicherung des Konservativen zeigen die Quellen des Unglücks auf, die jeweils die inkompatible Abstimmung der Randbedingungen mit der Gareta sind. Andererseits ist eine Übereinstimmung der Gareta mit den Randbedingungen des Lebens eine ständige Quelle des Glücks und der Zufriedenheit. Nun ist der Mensch aber nicht von der Welt getrennt, sondern ein Teil davon. Er kann seine Bedingungen selbst gestalten oder auswählen. Damit fällt ihm zuerst die Aufgabe zu, seine Gareta zu erkennen. Das wird ganz sicher dann nötig, wenn der Körper Symptome einer Krankheit oder Funktionsstörung zeigt.

Im positiven Fall ist die Gareta erkannt und akzeptiert. Der Mensch steht selbstbewusst mit seiner Gareta in der Mitte seines Lebens, hat seine Position gefunden und gefestigt und wartet bis das Banta sich darum gruppiert hat. Er sucht nicht nach den Ereignissen und Aktionen, die zu ihm passen, sondern er zieht sie an.

 

Der Glückliche ist ein Leuchtturm der Liebe.

 

Dieses Gefühl stärkt ihn weiter und größer. Er braucht dazu nicht seinen Verstand, obwohl der nützlich sein kann, die Ereignisse und Aktionen fernzuhalten, die ihm Probleme bereiten. Damit das möglich ist, muss der Mensch sich selbst kennen, um zu antizipieren was ihm Probleme bereiten kann, weil es nicht zu ihm passt. Er wird aufmerksam für diese Einflüsse und ordnet sie nicht seinem Banta zu, dann dringen die unpassenden Erlebnisse, Personen und Aktionen nicht in seine Welt ein. Seine Rahmenbedingungen verbessern sich oder genauer: sie passen besser zu ihm und fördern sein Glück und die Zufriedenheit seiner Seele. Das Ego kann zurücktreten und ruhen, das Selbst hat seine Bestimmung und sein Glück gefunden.

Das Selbst und die Welt

Wir kennen Phänomene in der Natur, die außerhalb unseres Naturbildes beobachtet werden und von denen wir nur die Wirkung erkennen, nicht aber die Ursache. Das Licht ist ein solches Phänomen, oder die Gravitation. Wir erkennen die Wirkung in der Physik und diese Wirkung ist sogar messbar oder quantifizierter. Sie gehört in die Welt der endlichen materiellen Erlebnisse und Strukturen, aber sie ist akausal.[28]

Die technische Wissenschaft hat an den Rändern ihrer Erkenntnisse und Beobachtungen Phänomene beschrieben, die sich einer Struktur der ‚Naturwissenschaft‘ entziehen: Quantenseen, Chaos, Dunkle Energie, Telepathie, morphogenetische Felder und weiteres. In der Abgrenzung zu den etablierten Wissenschaften werden diese Phänomene manchmal als ‚übernatürlich’ bezeichnet.[29] Ihnen fehlt es an der Struktur, die berechenbar ist und in das materialistische, technische Bild der Welt passt. Sie haben keine Ursache, weil sie mit einem kreativen Prozess aus dem Nichts entstehen. Irgendwann und irgendwie kommen sie in unsere Welt, die Physiker erkennen sie an der ‚Wechselwirkung‘ und sie werden messbar. 

In der wissenschaftlichen Kommunikation werden die Materie und Energie ohne Wechselwirkung (genannt die dunkle) im Universum verortet. Irgendwo da draußen soll sie sein, wo niemand von uns jemals hinkommt. Aber wir sind Teil des Universums, und zwar nicht nur die Erde, sondern jeder Einzelne von uns, jeder Baum, jede Möhre, jede Ameise. Wenn also 85 Prozent des Universums Energie ohne Wechselwirkung ist, aber mit Wirkung, dann ist in jeder Ameise, jeder Möhre, jedem Baum und jedem Menschen 85 Prozent Energie ohne Wechselwirkung. Das erscheint mir logisch. Wenn die Gravitation überall wirkt, wie die Liebe, dann ist die dunkle Energie in jedem von uns. Sie ist physikalisch nicht nachweisbar, aber sie wirkt. Wir kommen darauf zurück.

Die Gravitation wird durch mathematische Gleichungen in der Physik abgebildet und ist messbar.[30] Gravitation ist immer anziehend. Kein Physiker kann jedoch erklären, welche Ursachen die Gravitation hat. Die Suche nach einem „Graviton“ in der Materie war bisher erfolglos. Wir können Dinge von einem Turm fallen lassen und berechnen, wie schnell sie beim Aufprall sind. Kugeln lassen sich einen Berg hinunterrollen und werden dabei von der Schwerkraft der Erde angezogen und beschleunigt. Wir sind als Menschen nur lebensfähig, weil die Schwerkraft der Mutter Erde uns trägt und stützt. Wir können die Schwerkraft nur fühlen, aber mit keinem anderen Sinn erkennen.

 

Ein Gefühl der Anziehung ist die Liebe, wie die Schwerkraft.

 

Eine Ursache ist bei der Schwerkraft so wenig zu erkennen, wie beim Licht. Vom Licht sehen wir nur die Wirkungen, aber nicht das Licht selbst. Wir sehen die Reflexionen des Lichts auf den Blättern im Wind, auf der Haut des Menschen oder dem Fell des Tieres. Wir sehen die Farben, weil Dinge das Licht reflektieren und auf unserer Netzhaut einen Reiz hinterlassen. Ein materieller Gegenstand hat keine Farbe, er bekommt sie erst, wenn er in unsere Welt eintritt und wir ihn mit den Augen wahrnehmen.

Am Ende sehen wir auch das Selbst nicht und doch ist es überall, sowohl in und um uns, wie in unserem Gegenüber, in dem Leser dieses Textes und in seinem Haustier. Das Selbst ist in den Wesen und vermutlich auch in den Pflanzen. Es ist überall, wie das Licht und die Gravitation und eine Ursache ist nicht für uns erkennbar. Das Selbst ist wie die dunkle Energie in uns – oder ist das nur ein anderer Begriff für die gleiche Beobachtung? Nehmen wir zur Verdeutlichung an, das Selbst wäre nur ein anderer Begriff für die dunkle Energie. Dann stellen wir uns viel leichter vor, dass es sowohl in uns ist und überall. Dafür habe ich den Begriff der Gareta bekommen - für ein Selbst in uns, dass mit allem Selbst verbunden ist.

Wir können das Gareta nicht fühlen, aber seine Wirkungen in uns. Ebenso wird es von anderen Wesen gefühlt und wir teilen die Gefühle mit anderen Wesen. Wir verbinden uns nicht etwa mit den Gefühlen der Anderen, sondern wir teilen ein gemeinsames Selbst. Aus dem Nichts kommen diese Selbst, ohne Zeit, ohne Raum, ohne Beginn und ohne Ende. Das Selbst fließt mit dem Leben durch uns hindurch, es ist wie die Seele, die an der Struktur zu Leben wird. Sie ist nicht in jedem Wesen, weil sie keinen Raum und keinen Ort hat. Etwas wie das Selbst oder die Seele, der Geist, das Brahman oder der Spirit ist an jedem Wesen und durchfließt das Wesen, wie der Wirbel des Wassers an einem Stein.[31] Die Wesen sind die Seele/das Selbst und in dieser Einheit sind sie das Gareta. Sie werden an dem Gareta erkannt, nicht an ihrem vergänglichen und veränderlichen Körper.

 

Das Selbst ist an dem Wesen, nicht darin.

 

Wenn wir unser Ego loslassen, oder es reduzieren, dann spüren und erfahren wir das Gareta. Das Ego ist eine Wirkung des Gareta, wie die Farbe eine Wirkung des Lichts, und die Schwere eine Wirkung der Gravitation. Hinter dieser Wirkung erkennen wir die Seele/das Selbst der anderen Wesen. Wir sind dann nicht etwa mit den anderen Wesen verbunden, das ist ein wichtiger Unterschied. Eine Verbindung setzt eine Trennung voraus, die überbrückt wird. Die Seele oder der Geist ist aber an jedem, und umfließt und durchdringt jedes Wesen. Wir fühlen die gemeinsamen Kräfte, die Liebe und die gemeinsame Energie (Synergie). Gefühle lassen sich teilen und verstärken, sie sind unendlich. Die Selbst/die Seelen sind untrennbar, denn das Gareta ist sowohl der unendliche Fluss oder das Sein, als auch das Selbst. In dieser Einheit gibt es keine Grenze, die überbrückt oder verbunden werden muss. Die Selbst sind ohne Zeit und Raum. Es gibt keine Grenzen zwischen den Wesen, das Gedankenbild ist schon unzutreffend.

 

Ich bin Du.

 

Die schamanische Arbeit

Jedes Wesen wird an der Seele über die Gefühle angesprochen. Wir erkennen das Leben an der Seele, nicht an dem Körper.

 

Der Körper folgt der Seele.

 

Umgekehrt wird es nie gelingen, den Geist oder die Seele aus dem Körper oder allgemein aus der Materie entstehen zu lassen. Alle Entwicklungsszenarien für die mechanistische Welt scheitern an der Frage, wann denn der Geist an diesem Spiel teilgenommen hat. Die Seele als ein ewiger Fluss der sich manchmal an die Materie bindet, hat keinen erkennbaren Platz in den wissenschaftlichen Theorien zum Materialismus. Die Versuche dem Materialismus einige geistigen Qualitäten hinzuzufügen, endet in der Sackgasse des Reduktionismus.[32]

Ohne erkennbare Ursache kommen Entwicklungen und neue Möglichkeiten in die Welt und werden in ihren Wirkungen nachweisbar. Sie passen sich aber nicht in die materiell erklärte Welt ein, sondern bringen neue, unerwartete Möglichkeiten. Diese Möglichkeiten haben Wirkung und sind damit in der Welt. Die Idee einer Möglichkeit hat keine Wechselwirkung und sie entsteht kreativ ohne Raum und Zeit. Diese Ideen von Möglichkeiten sind die e’a und sie kommen aus einer Sphäre, die die Spirits mir als Soolago gezeigt haben. Beide Begriffe habe ich auf spirituellen Reisen bekommen.

In der schamanischen Arbeit tauche ich zum Soolago und bitte um e‘a für das Leben. Aus dem Soolago kommen die e’a zur Wechselwirkung mit dem Leben und in der Synergie mit der endlichen Struktur der Welt kommt das Leben in die Welt. Das Soolago bleibt spürbar als die Seele, das Unendliche, das Karma oder Brahman. Sobald es in Worte gefasst wird, ist es in der Welt und eben kein e’a mehr.

Das Leben entsteht durch eine Synergie von der e’a zum Leben und der vorgefundenen endlichen Struktur. Die endliche Struktur ist Materie und die Materie ist das Überbleibsel des ehemaligen Lebens. Aus dieser Wiederholung der Zyklen entsteht eine Spirale der Entwicklung. Diese Spirale der Entwicklung hat kein Ziel, sondern ist eine stetige Anpassung an die Randbedingungen. Da die Randbedingungen sich aus der Welt herleiten, die sich eben selbstbezüglich aus den Randbedingungen entwickelt hat, entsteht rückblickend der Eindruck einer zielgerichteten Entwicklung. Nein, es war keine zielgerichtete Entwicklung, keinesfalls intendiert von einer übergeordneten Entität.

 

Eine Spirale der Autopoiesis.

 

Die schamanische Arbeit holt aus den Tiefen des Soolago neu e‘a und bietet sie als Synergie für die Welt an. Damit werden der Einzelne oder eine Gruppe oder Viele mit neuen Möglichkeiten versorgt, die ihnen bessere Anpassungen innerhalb der Banta geben. Besser ist in diesem Sinne für den Einzelnen der Weg zu seinem Glück, zur Zufriedenheit seiner Seele zu einer Harmonie, einer Synergie der unendlichen Seele mit der endlichen Welt. Mit einer Akzeptanz der neuen e‘a im Leben entwickeln sich somit auch die Randbedingungen in der Welt des Menschen und gewähren einen stabileren Untergrund für die Zufriedenheit der Seele.

In der Abstraktion von meinem Ego bin ich bereit und in der Lage, die Verbindung auf der Gefühlsebene zu erreichen, die Gareta des Wesens, der Gruppe, der Natur oder der Liebe. Das kann zu einer Übernahme in meine Gareta führen und verändert mein Verhalten, meine Aktionen, mein Erscheinen. Es ist von mir nicht steuerbar - vielleicht von meinen Spirits. Das kann ich nicht herausfinden, denn die Verbundenheit mit Allem macht Grenzen durchlässig. Das Ego zieht die Grenzen und bezieht die Ereignisse in der Welt auf mich. Manchmal bin ich gar nicht gemeint, ich spiele nur eine Nebenrolle in der Welt der anderen Personen, in der Natur oder bei den anderen Wesen. Das ist nicht meine Aufgabe die Relevanz zu sortieren. Ich bewerte nicht, ich erwarte nicht, ich steuere nicht. Ich bin das Medium ohne Ego. Ich brauche das Vertrauen in die Kräfte des Soolago, der Liebe und der Natur. Mit diesem Vertrauen begebe ich mich in die Arbeit und lasse mich auf die Situationen ein, die mir entgegenkommen.

 

Ich schwimme in dem Fluss des Lebens.

 

[1] Die Seele wird in manchen Zusammenhängen als die Psyche bezeichnet. Der Begriff der psyché hat bei Platon die Bedeutung der Lebendigkeit. Das ist die Wirkung ohne Ursache, also sehr typisch für unendliche Kategorien wie Gefühle. S. Dazu die ausführliche Positionierung in Christoph Quarch: ‚Platon und die Folgen‘ S. 95 f.
[2] Die Idee der Unendlichkeit findet sich in einigen Texten von mir wieder, weil sie fundamental für unser Leben ist. In einem Bild der Welt versuchen wir die Unendlichkeit in die endlichen Denkkategorien des Verstandes einzuordnen. Das gelingt aber nicht, weil es unmöglich ist, eine Unendlichkeit unter ein endliches Dach zu sperren. In abgewandelter Form begegnet uns diese Lebensfrage hier wieder und gibt uns vergleichbare Rätsel auf.
[3] Zitiert nach Volker Kalweit:Traumzeit und innerer Raum, Die Welt der Schamanen, Scherz Verlag 1984, S. 205
[4] Ebd.
[5] Das ist ein wesentlicher Baustein für das ‚gute Leben‘, wie es Platon lehrt.
[6] Die negativen Folgen des Egoismus werden ignoriert oder zumindest argumentativ neutralisiert. Der Wohlstand der Gemeinschaft stellt sich bei egoistischem Eigennutz sozusagen von selbst ein, gelenkt durch die unsichtbare Hand des Marktes. In der ökonomischen Lehre werden diese Regeln der Nutzenmaximierung als die Gooßen’schen Gesetze bezeichnet.
[7] Selbstverständlich gibt es in Gesellschaften auch die andere Variante, in der ein selbstloser Mensch den Nutzen der Anderen maximiert. Das wird in der ökonomischen Buchhaltung nicht erfasst und bekommt keinen Wert zugewiesen – ist also gewissermaßen ‚wertlos‘.
[8] Wir haben einerseits die individuelle Wirklichkeit, die keiner Abstimmung bedarf und in jedem Wesen wohnt. Die individuelle Wirklichkeit wird von allen Quellen gespeist, von den Gefühlen, den Intuitionen, Phantasien, Träumen, Erinnerungen, Erlebnissen und Erzählungen. Die kollektive Wirklichkeit wird verabredet und abgestimmt. Sie lässt sich erzählen und aufschreiben, malen oder besingen. Sie ist überprüfbar in dem Sinne, dass die eigene Version der Wirklichkeit mit dem verabredeten Bild der Gemeinschaft verglichen wird. Im Englischen wird die individuelle Wirklichkeit oft als die ‚non ordinary reality‘ bezeichnet.
[9] In seinem Buch „Die Gabe“ beschreibt Marcel Mauss im Detail die Form des Austauschs in nicht-westlichen Machtgesellschaften. Mit Geschenken lässt sich der Warenaustausch ebenso zur Förderung des Gemeinwohls organisieren, wie mit Geld, Märkten und bezahlten Dienstleistungen. Marcel Mauss: Die Gabe, Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, Frankfurt 1990. Er nennt die Jahrtausende alte Form des Austauschs das ‚System der totalen Leistungen‘. Ebd. S. 22.
[10] Lynn Margulis: Die andere Evolution, Heidelberg, Berlin 1999. Margulis leitet die Entwicklung des Lebens und der Wesen aus der Symbiose ab. Die Arten entstehen durch das Zusammenwirken von Bakterien und Mikroorganismen. Nur mit dieser gemeinsamen Entwicklung ist das Überleben in wechselnden Rahmenbedingungen überhaupt möglich. Die Symbiose findet neue Möglichkeiten, in denen beide überleben können, obwohl sie separiert aussterben würden. Hier vor allem S. 13 ff und S. 139 „- Leben ist etwas viel Umfassenderes: ein unglaublich kompliziertes Wechselspiel zwischen Materie und Energie der vielen Millionen Arten außerhalb (und innerhalb) unserer eigenen Haut. ... Ohne ‚die anderen‘ können wir nicht überleben. Unsere symbiotische, verwobene Vergangenheit ist von einem Geflecht belebten Wassers durchzogen.“
[11] René Descartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Hamburg 1993 (Nachdruck)
[12] Ebda. S. 12: Genau genommen ist der unendliche Charakter des Geistes durch seine Unteilbarkeit in das unendliche Sein erhoben: „... daß wir einen Körper nur teilbar, im Gegensatz dazu aber den Geist nur unteilbar denken können.“
[13] Zitiert nach Ch. Quarch: Platon und die Folgen, S. 128
[14] Ebd. S. 129f. Dieser Gedanke der drei Wesensbestandteil wird nochmals von McLean aufgegriffen, der hier im nachfolgenden Kapitel zitiert wird.
[15] In der alten Terminologie nennen wir das ‚Selbst‘.
[16] Das ‚Ego‘ ist der strukturierte Teil auf dem Selbst. Das Ego kann handeln, eine Rolle spielen, kommunizieren.
[17] Bifurkation sagen sie in der Chaostheorie zu den Gabelungen, an denen sich die Geschichte teilt.
[18] Siehe dazu den Text ‚Die Zeit des Menschen‘
[19] Siehe dazu den Text über die Kreativität als Repräsentant infiniter Spiele und die Ausgrenzung im gleichen Text zu den finiten Spielen der Menschheit. Die finiten Spiele werden in den Grenzen der infiniten Rahmenbedingungen nach Regeln ausgetragen. Sie können gewonnen werden oder verloren gehen. Die finiten Spiele finden in der Welt statt, die infiniten Spiele sind das Leben.
[20] Siehe den Text zum Lebensprinzip
[21] Die Potenzialkurve ist mathematisch gesehen eine logistische Funktion. Das Wesen wandelt im Verlauf des Lebens die e’a, die es als Möglichkeiten erkennt, in Ereignisse um. Das ist das Leben. Die Steigung auf der Potenzialkurve folgt einer Glockenkurve entlang derer das Wesen das eigene Werden und Vergehen erlebt. S. Das Bild des Lebens.
[22] Unsere Sprache differenziert nicht genau aus, ob mit ‚Leben‘ das Prinzip des Lebens gemeint ist, oder das individuelle persönliche Leben, das sich von der Geburt bis zum Tod entfaltet. In dem Beitrag ‚Die Welt im Leben‘ bespreche ich das allgemeine Prinzip des Lebens. Hier spreche ich vom Leben als den persönlichen Prozess. Aus dem Zusammenhang wird das jeweils deutlich.
[23] Das sind die oben genannten Lebensbedingungen, die wir vorfinden. Sie haben sich in dem Lebensraum der Erde seit Jahrmilliarden aus vergangenem Leben strukturiert. Alles ist das Ergebnis vergangenen Lebens: Die Luft, der Boden, der Humus der Erde, das Holz, die Kohle, der Honig, das Fell und jeder Zweig mit dem der Vogel sein Nest baut.
[24] Siehe dazu das Bild und seine Besprechung in dem Beitrag ’Das Lebensbild’
[25] Die Wissenschaft der Biologen oder Mediziner nennt es die Gene. Es entzieht sich unserer Kenntnis, wie diese Information in die Gene kommt. Neben der westlichen, technischen Kultur gibt es andere, die sich mit den geistigen oder spirituellen Entwicklungen der Menschen seit vielen tausend Jahren auseinandersetzen und ihr Weltbild darauf ausgerichtet haben. Von ihnen kommt die Erkenntnis, dass es die Erbschaft der Vorfahren oder die Erfahrungen und Strukturen früherer Leben sind, die jeweils die individuelle Veranlagung prägen. In der spirituellen, schamanischen Erlebenswelt sind es ebenfalls die Vorfahren.
Einen anderen Ansatz vertritt die westliche Forschung, die das Gehirn als Speicher oder Prozessor sieht. McLean ist einer der frühen Protagonisten, die dem Gehirn außerdem eine Dreiteilung zuordnen. Auch er geht von der Hypothese vererbter Veranlagungen aus. In der westlichen Version ist die Vererbungslehre entpersonalisiert und Eigenschaften oder Strukturen werden in den Genen weitergegeben. Paul D. McLean: The Triune Concept of the Brain and Behavior, Toronto 1973
[26] Die Chaostheorie belegt das mit dem Begriff der Bifurkationen.
>[27] Ein ähnliches Bild verwendet Plato in seinem Dialog „Phaedo“, in dem er Sokrates sagen lässt: ‘... his soul is a helpless prisoner, chained hand and foot in the body, compelled to view reality not directly, but only through its prison bars,…’ Plato, The Last Days of Sokrates, England 1993, S. 142 oder 83a in der Original-Übersetzung
[28] Die Quantenphysik beschreibt in der Neuzeit akausale Ereignisse, also beobachtete Wirkungen ohne Ursachen. Obwohl die Gleichungen der Quantenphysik deterministisch sind, sind die Ergebnisse zufällig und damit nicht vorhersagbar.
[29] Das sogenannte ‚Übernatürliche‘ ist lediglich das Natürliche, das der Mensch nicht in sein Bild der Welt aufgenommen hat. Das physikalische, materielle Bild der Welt ist definiert als Teilbereich der Natur, in dem keine Gefühle und Qualitäten (qualia) einen Platz haben. Das ist im Sinne der technischen Kultur die Welt. Der Bereich, der nicht in der technischen Welt vorkommt, sie also übersteigt, ist der übermenschliche oder übertechnische Bereich.
>Wir müssen den Begriff der Natur klar mit allem besetzen, was wir wahrnehmen und was wir fühlen. Selbst dann ist noch der Bereich ausgeklammert, den wir nicht wahrnehmen, der also keine Wechselwirkung mit uns hat. Die wissenschaftlichen Bilder der Physik haben Regionen ohne Wechselwirkungen ausfindig gemacht, die als dunkle Energie oder dunkle Materie bezeichnet werden. Sie sind Natur, aber der Wissenschaft der Materie unzugänglich. Die Vorgänge in dieser Natur und die Rückwirkungen aus dieser Natur bezeichnen wir manchmal als das Übernatürliche.
[30] Sie wird nach den Beobachtungen formuliert, dass ihre Kraft (F) von der Masse abhängt. Eine experimentell ermittelte Größe ist die Gravitationskonstante (G). Sie bestimmt tatsächlich die Größe der Kraft in der Gleichung: F = G (m1 m2)/r2
[31] Sokrates sieht die Seelenwanderung so, dass ein guardian spirit die Seele begleitet. Sie zieht sich zurück aus dem sterbenden Körper, sie geht durch ein tribunal, das sie bewertet und dann wird sie von dem Spirit zu der nächsten Welt gebracht, wo ein Körper auf sie wartet. Plato, ebd. S. 174 oder 107e
[32] Diese Gedankengänge sind inspiriert von Thomas Nagel; Geist und Kosmos, S. 26 ff. Die schamanische Betrachtung des Lebens und der Welt ist ein möglicher Vorschlag, den er als ‚Alternative zum Materialismus‘ finden möchte.