Auf der Suche nach dem ersten Stein
Leben, Metaphysik und die Welt.
Logik und Leben
> Prolog
> Ein wahrer Weg
> Logik im materialistischen Weltbild
> Logik aus schamanistischer Perspektive
> Logik oder Natur
> Geborgenheit im Schamanischen
> Epilog
Prolog
Die zweiwertige Logik ist seit Aristoteles ein Fundament der wissenschaftlichen Analysen. Etwas muss richtig oder falsch sein. Diese Begriffe sind komplementär wie alle auf den quantifizierten Raum- und Zeitbegriffen in der zweiwertigen Logik aufgestellten Dichotomien. Die zweiwertige Logik begrenzt die Möglichkeiten einer Aussage auf zwei, was eine erhebliche Einschränkung des natürlichen Potenzials ist. Die Auswahl ist allerdings die einfachste, die man sich vorstellen kann. Es bedarf nur einer binären Entscheidung.
Mit der zweiwertigen Logik ist eine ebenso einfache Entscheidungsart verwandt, bei der die Varianten aber nicht so einfach zu überblicken sind. Die Frage ist: Soll ein Weg beschritten werden oder nicht? Soll eine Entscheidung für eine Aktion getroffen werden? Wird die Frage bejaht, sind alle anderen Wege ausgeschlossen.
In der zweiwertigen Logik und der einfachen binären Entscheidung gibt es richtige und falsche Wege. "Richtig" ist in den Gedankenmodellen der einfachen Wirklichkeit "den Regeln entsprechend" und "Falsch" ist "den Regeln widersprechend".[1] Die Regeln werden aber für ein System aufgestellt oder sie bilden ein System. Für die Beteiligten an dem System ist es ein Teil der Struktur oder in einem allgemeineren Sinne der Kultur. Die Regeln werden von den Teilnehmern an diesem System akzeptiert. Damit sind sie von außerhalb in das System eingebracht und die Dichotomie Richtig/Falsch ist beliebig und ein Ergebnis der menschlichen Kultur oder Ethik.
Regeln sind Kultur.
Die Natur ist das Fundament, auf dem die Kultur ruht. Man kann sich die Natur ohne eine Kultur vorstellen, aber nicht eine Kultur ohne die Natur. Die Natur ist ein Ergebnis des Lebens, weil sie aus dem Leben geboren wurde. Jedes Regelwerk, das von außerhalb auf die Kultur angewendet wird, kann das Leben und die Natur gut, weniger gut, schlecht oder gar nicht reflektieren. Die Übergänge zwischen diesen Bewertungen sind fließend, sie sind jedenfalls nicht zweiwertig.
Die schamanische Sicht ist vitazentriert. Sie ist in dem genannten Sinne gut, weniger gut, schlecht oder gar nicht vereinbar mit einem Subsystem der Kultur. Wir Menschen sind zu klein und zu unbedeutend, das zu bewerten. Es sollte für uns Menschen beruhigend sein, dass wir wie jedes andere Lebewesen hier in unser Leben (bioV bios) gebracht worden sind, um glücklich zu sein. Ich habe an anderer Stelle ausgeführt, wie lebenswichtig es für uns ist, die Seele glücklich zu halten. In der Fortführung dessen soll die Kultur dem Glück der Seele nicht im Weg stehen.
Das wahre Glück ist das Glück der Seele.
Die schamanische Arbeit basiert auf dem logos (λόγος lógos) des Lebens. Sie folgt den erkennbaren Leitlinien des Lebensprinzips (zoë), die für alle Wesen gelten und nicht nur für die mit Verstand und Logik handelnden. Im Schoß der Natur sind die Grundlagen des glücklichen Lebens zu finden, nicht in den letzten Winkeln des Verstandes oder gar des Gehirns.
Die Natur vermittelt uns Erkenntnisse, Erlebnisse oder Erfahrungen, die "wahr" sind. Dieses Wahre hat kein Komplement oder kein Gegenteil. Was immer wir so erfahren, es ist wahr. Der Begriff "Unwahr" ist sinnlos. Die Natur ist das Wahre, das Schöne und das Gute.
Vor vielen Jahren war ich auf einem Besuch bei einem Häuptling in South Dakota: Chief Leonard Little Finger. Die Vorgeschichte ist lang. Oglala ist ein trauriger Ort. Das Leben dort ist unmenschlich in jeder Hinsicht. Auf diesem Besuch kam ich in Kontakt mit seinem
Ein wahrer Weg
Schulprojekt einer Immersion School für Vorschulkinder auf der nur die Lakota Sprache gesprochen werden soll. Das hat mich neben vielen anderen Eindrücken aus dem Reservat sehr bewegt und ich habe mich gefragt, wie ich bei dem Schulprojekt helfen kann. Es sah auf den ersten Blick so aus, als wäre lediglich ein wenig Abstimmungsbedarf notwendig, um das Projekt anzuschieben. Das Schulhaus stand, es waren nur keine Kinder drin. So einfach war es dann bei näherem Hinsehen doch nicht.
Ich ging zurück nach Europa und in den Wald nach Schweden. Dort traf ich einige Freunde auf einer schamanischen Versammlung. Ich nahm meinen Zweifel zum Anlass für eine schamanische Reise in einem sitting out [2] und befragte meine shamanic teacher, was denn der richtige Weg für mich sei. Die Antwort kam sehr klar: „Go in and find out!" Ich erhielt außerdem eine kleine alte Astgabel, die mir die zwei Wege darstellte, ohne eine Präferenz zu zeigen. Ich bewahrte die Astgabel viele Jahre auf und machte mich mit meiner Frau und dem Hund für drei Monate auf den Weg ins Reservat. Wir wollten herausfinden, was zu tun sei.
Wir fanden das heraus auf eine Weise, die wir nicht erwartet hatten. Wir erkannten auf unseren Besuchen im Reservat, dass es keinen gangbaren Weg gab, die Immersion School mit unseren Mitteln ans Laufen zu bringen. Die kulturellen Unterschiede des Naturvolkes und der westlichen Zivilisation sind so groß, dass ein gemeinsames Projekt undurchführbar ist. Es ging ja nicht darum, sie zu missionieren oder die Indianer innerhalb unserer Kultur unterzubringen und mit unseren Methoden ein Projekt durchzuziehen. Das haben schon genügend andere westliche "Helfer" versucht.
Die Indianer sollten in einem eigenen Sprachprojekt selbstständig für den Fortbestand ihrer Sprache und Kultur sorgen. Wir haben keinen Weg gefunden, mit Geld als einem Mittel unserer westlichen Kultur, eine alte Kultur aufrecht zu erhalten. Die Lakota haben völlig andere Grundlagen und ordnen ihr Leben der Natur unter. Das ist das Gegenteil unserer Kultur der Neuzeit, die Natur zu einer Ressource der Kultur erniedrigt hat. Die Geschichte geht noch sehr lang und ereignisreich weiter und doch führte sie trotz aller unserer Mühen und Arbeiten nicht zu einem happy end. Als wir nach Monaten die Bemühungen abgebrochen haben, stand dort noch immer das Schulgebäude ohne Kinder.
Wir haben zunächst gelernt, dass es den richtigen oder falschen Weg nicht gibt. Das war die Antwort, das sollte ich herausfinden. Ich habe es gefunden und das war eine der wichtigsten Lehren für mein Leben. Der Goldene Weg ist der wahre Weg, den man nur ohne Präferenzen findet und der nicht richtig oder falsch ist. Allein die Frage nach dem richtigen Weg ist falsch.
„Go in and find out.“ Das war mein Lehrstück in der Akzeptanz meiner Unfähigkeit, alle Zusammenhänge zu erkennen. Es war die Verbeugung vor den lebendigen Lehren der Natur. Ich habe keine Lösung gefunden, keinen Schlüssel zu der Schwingtür des Erfolges. Ich habe herausgefunden, dass eine Lösung nicht innerhalb der Rahmenbedingungen gesucht werden muss. Ich habe herausgefunden, dass die Änderung der Rahmenbedingungen zu neuen Möglichkeiten (e’a) führt, die wir mit unserem kleinen Verstand nicht planen und logisch durchdringen können. Ich habe herausgefunden, dass das Leben sich um uns herum organisiert, wenn wir vertrauen und die überhebliche anthropozentrische Position verlassen.
Ich bin jedes Jahr mindestens einmal nach South Dakota ins Pine Ridge Reservat gereist, ohne ein konkretes Ziel. Ich habe in den Badlands schamanisch gearbeitet, getrommelt und um Hilfe gebeten. Dort gibt es keinen Weg und keine Orientierung. Es gibt nur die Natur und mich.
Das Leben lässt keine Probleme zu.
Ich habe nicht den Eindruck etwas Nachvollziehbares, Sichtbares, Materielles getan zu haben. Ich habe lediglich getrommelt und gesungen. Ich bin mehrfach von Europa nach Oglala gefahren, habe mich in der Nähe der Schule aufgehalten, in den Badlands getrommelt, habe schamanisch gearbeitet und um Hilfe gebeten. Für Andere ergab nichts von dem einen logischen Sinn.
Nach sechs Jahren höre ich die Nachricht, dass die Schule mit indianischen Kindern gefüllt ist, die dort im Vorschulalter schon ihre Sprache lernen. In den Jahren hatte sich an einem anderen Ort viele Meilen entfernt eine Gruppe von Lehrern und einheimischen Lehrerinnen zusammengefunden und eine Lakota preschool in einer provisorischen Behausung gegründet. Ein Unwetter zerstörte das Haus und sie machten sich auf die Suche nach einem Ersatz für ihre Aktivitäten. Sie fanden ‚unsere‘ Schule in Oglala. Alles war perfekt.
Auf der vorletzten Reise ist in meinem Rucksack die Astgabel zerbrochen und zeigte nur noch einen Weg. Das ist der wahre Weg der Natur. Und so ist es geschehen und Alles wurde gut und schön.
Ich habe nichts entschieden, ich habe nicht nach dem richtigen Weg gesucht, ich habe nur vertraut. Der Weg den ich mir ausgedacht habe, war weder der richtige noch der falsche, es war nur nicht der wahre. Meine Frage war falsch gestellt. Der wahre Weg lag außerhalb meiner Gedankengebilde, außerhalb meines Systems, außerhalb meines Verstandes und meiner Logik. Die Natur hat keine Logik, sie erschafft Möglichkeiten und die werden genutzt.
Logik im materialistischen Weltbild
Das Denken innerhalb der materialistischen Gesellschaft hat dem weitgefassten griechischen logos (λόγος lógos) ein enges Korsett verpasst. Die große Gesetzmäßigkeit des Lebens wurde auf das verstandesgemäße Schließen und die rationale Suche nach den Ursachen der beobachteten Phänomene reduziert. Rationalität war das erstrebenswerte philosophische Grundprinzip.
Einer der großen Logiker und Mitbegründer der westlichen, materiellen Philosophie und Ethik ist Immanuel Kant, dessen ungeheuer umfangreiches Werk alle Aspekte der abendländischen Kultur von Grund auf diskutiert und strukturiert hat. Er hat mit der transzendentalen Philosophie von der Erkenntnistheorie über die Naturwissenschaft bis zur Geschichtsphilosophie, Religion und Metaphysik alle Denkbereiche der Welt durchdrungen. Die nachfolgenden Generationen haben sich ihm angeschlossen und darauf das Weltbild der materiellen Gesellschaft ausgebaut.
Kant hat die qualitativen Kategorien sehr wohl erkannt und gewürdigt. Die Zeit hat bei ihm eine Qualität, die wahrgenommen und empfunden werden kann, aber eben nicht gezählt. Das Zeitgefühl ist eine Kategorie der Wahrnehmung, das sich aber wie der gemessene Raum einer wissenschaftlichen Ergründung in der Metaphysik entzieht.[3] Die gemessene Zeit ist die zugehörige Kategorie der Quantität.
In seinen Schriften zur Naturphilosophie "beweist" Kant den Satz, dass 'Materie unendlich teilbar ist und zwar in materielle Teile' mit der Logik der von ihm definierten Wissenschaft: 'Dasjenige Ganze der Erkenntnis, was systematisch ist, kann schon darum Wissenschaft heißen, und, wenn die Verknüpfung der Erkenntnis in diesem System ein Zusammenhang von Gründen und Folgen ist, sogar rationale Wissenschaft.[4]
Der Lehrsatz wird aus der mathematischen Unendlichkeit des Raumes bewiesen. Diesen Beweis und andere Lehrsätze aus dem Bereich der Begründung der Naturwissenschaften brauchen wir hier nicht nachzuvollziehen.[5] Kant selbst weicht die ursprüngliche Beweisführung wieder auf, als er feststellen muss, dass die Unendlichkeit des Raumes keinen Erfahrungshintergrund hat und die Endlichkeit seinen Lehrsatz selbst hintergeht. Er führt in seiner zweiten Anmerkung aus, dass der Raum oder die Menge der Teile eine abgeschlossene Menge ist, was zu einem Widerspruch führt, denn unendlich ist eben unbegrenzt. Aber wenn man alle Teile wieder zusammensetzt, kann nur etwas Endliches herauskommen.
Die Logik endet bei der Unendlichkeit.
Hier duldet Kant eine Lücke in seiner Logik, weil die Teilung in der strengen Auslegung tatsächlich nicht die Zusammensetzung beinhaltet. Das nimmt er zwar implizit an, aber es ist noch nie gezeigt worden. Materie lässt sich aus Atomen oder Quarks praktisch nicht wieder zusammensetzen, weil es keine Erklärung für die Verbindung und den Zusammenhalt gibt.
Kant behilft sich mit der Erklärung, dass die Materie aus endlich vielen Teilen besteht, und die unendliche Teilbarkeit eine "Vorstellung" ist. Die Mathematik könne unendliche Teilbarkeit des Raumes darstellen und die Vorstellung kann dem folgen. Die Teile der Materie sind aber endlich und deshalb kann der Raum keine Eigenschaft der Dinge (oder der Materie) sein.
Albert Einsteins Logik nimmt einen anderen Weg. In seinem Weltbild bringen die Gegenstände den Raum erst mit. Ohne Materie gibt es bei Einstein keinen Raum. Der Raum ist so endlich wie die Teile. Ohne Teile gibt es keinen Raum, es gibt nicht den leeren Raum des Immanuel Kant. Der Raum ist in der Einstein’schen Logik eine Eigenschaft der Materie.
Nach Weyl gibt es keine Teile, die den Raum definieren, sondern nur Energiefelder bestimmen den Raum, seine Dimensionen und die Existenz. Der Raum liegt nicht der Materie zugrunde, er ist eine Wirkung der Energie. In der Weyl’schen Logik ist die Energie die Ursache für den Raum.
In keiner dieser Logiken wird der Raum mit seinen Inhalten untrennbar in einer Synergie verknüpft. Es gibt hier etwas wie Materie oder Energie und dort den Raum. Beide für den Menschen erkennbare Sphären sind über Kausalitäten miteinander verknüpft. Die Frage, wie nicht wechselwirkende Energien mit dem Raum in Verbindung zu bringen sind, ist noch nicht gestellt und beantwortet. Das Leben (zoë, ζωή) bringt ein Gefühl für den Raum mit. Ein Gefühl unterliegt aber keiner Logik und hat auch keine kausale Beziehung zum Raum. Und doch kann das Lebewesen sich im Rahmen seiner Möglichkeiten orientieren. Durch die Wechselwirkung mit den Gefühlen entsteht der Raum. Vorher ist er nicht existent.
Raum entsteht durch Wechselwirkung.
In der Natur für alle Wesen gibt es den Raum und zwar unabhängig davon, welcher Logik er unterworfen wird. Für das Leben ist die Logik unbedeutend. In der unendlichen Welt der Gefühle hat die Logik keine Wirkung. Liebe, Wut, Hass, Trauer, Sehnsucht, Freude oder Angst und vieles andere mehr haben kein logisches Fundament. In der schamanischen Arbeit ist die Akzeptanz der Gefühle ohne logische oder rationale Erklärung ein sicheres Zeichen für eine spirituelle Eingebung. Die fehlende Logik ist eine beruhigende Basis für weitere Aktionen. Wäre die Logik der Maßstab aller Erkenntnis, dann hätte ein rational denkender Mensch die Kausalität schon längst gefunden. Das Problem oder die Frage wären gar nicht aufgetreten.
Mit der Zuordnung von Ursache zu Wirkung impliziert die wissenschaftliche Logik eine Trennung von Beidem. Eine Ursache hat demnach eine Wirkung und eine Wirkung eine Ursache. Die Wissenschaft springt von einer Seite zur anderen in der Erklärung ihrer Erkenntnis. Die Wissenschaft kann nur 'funktionieren', wenn die Zuordnung eindeutig ist. Die Versuchsanordnung wird so gewählt, dass nur eine Wirkung beobachtet wird, alle anderen Wirkungen werden ausgeschlossen oder mit der ceteris paribus Klausel weg argumentiert.[6]
Wir haben mehrere logische Konzepte kennengelernt, die für die gleichen Beobachtungen unterschiedliche Erklärungen einsetzen. Sie wurden entwickelt und akzeptiert, weil sie bessere Erklärungen für mehr Phänomene lieferten. Allerdings ist ihnen gemeinsam, dass sie quantifizierte Ursachen für quantifizierte Wirkungen liefern. Aus einer schamanischen Perspektive kommt es darauf gar nicht an. Vielmehr hat das Leben mehr zu bieten, nämlich Unendlichkeiten, Gefühle und kreatives Chaos. Wenn wir unterstellen, dass es auch dahinter eine Logik gibt, dann ist sie jedenfalls nicht nur zweiwertig. Die Quantenphysik rechnet mit der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Ereignisses und ist damit in einer mehrwertigen Logik. Das kommt dem Leben näher, aber reicht nicht heran.
Logik aus schamanischer Perspektive
Aus einer schamanischen Perspektive werden die mehrwertige Logik und die Unberechenbarkeit akzeptiert. Auf der Gefühlsebene ist das Handeln im Vertrauen auf die Natur und ihre Unterstützung möglich, ohne die Konsequenzen berechnen oder planen zu müssen. Für die Kommunikation mit anderen Menschen gebrauchen wir leicht verständliche Begriffe und erklären einfache, zweiwertige Zusammenhänge. Wir simplifizieren die Welt soweit, dass wir sie aufschreiben oder sogar berechnen können.
Die Natur ist aber weitaus vielschichtiger und kreativer. Sie hat keine Gesetze, keine Gleichheit oder eindeutige Zuordnung. Für das Wachstum des Baumes gibt es keine Ursache, sondern die Möglichkeiten aus der Sonne, dem Wasser, dem Humus, dem Wind, also der gesamten Natur. Der Humus ist das vergangene Leben, die gesamte Entwicklung allen Lebens seit der Urzeit wird gebraucht, um den Baum wachsen zu lassen. Der Humus der Vergangenheit und die Luft und das Wasser, das durch alle vergangenen Generationen hindurchgeflossen ist, macht das aktuelle Leben erst möglich.
Das Leben erschafft die Rahmenbedingungen.
Die gesamte Umgebung des Baumes kann aber auch etwas Anderes wachsen lassen, zum Beispiel eine Blume. Auf der Seite der Ursache lassen sich mehrere Wirkungen beobachten. Wechselt man auf die Wirkungsseite, so lassen sich aus dieser Sicht mehrere Ursachen finden.
Der eindeutige Zusammenhang von einer Ursache zu einer Wirkung et vice versa ist ein Spezialfall, für den es keine Welt gibt. Genauer müssen wir vielleicht sagen: "... für den es nur eine technische Welt ohne Fehler gibt." Schon ein simples Beispiel zeigt die Einschränkung. Wenn ich den Lichtschalter betätige, geht das Licht an. Nun mit dem Rückschluss auf die Ursache: Wenn das Licht angeht, wurde der Lichtschalter betätigt.
Die Wirkungen haben aber außerhalb der festgelegten technischen Anordnung weitere Wirkungen, die man bei den Arzneimitteln auch 'Nebenwirkungen' nennt. Ist in der Stromleitung ein Defekt, dann gilt: Wenn ich den Lichtschalter betätige, fliegt die Sicherung raus. Das ist eine Nebenwirkung, weil sie nicht meine Erwartungen trifft. Für den Kenner aller Randbedingungen, der von dem Defekt gewusst hat, ist es aber eine gültige und erwartete Wirkung. Magenschmerzen ist für den Kenner der individuellen Randbedingungen eine Wirkung, während sie für den Hersteller der Schmerztabletten eine Nebenwirkung ist. Er beabsichtigte das Schmerzsignal zu unterdrücken und erwartet, dass das Medikament in der Vielzahl von Fällen in einem geschlossenen System mit identischen Randbedingungen diese Wirkung zeigt.
Geschlossene Systeme sind Spezialfälle in der Welt des Lebens. Defekte gehören nicht in geschlossene Systeme, weil sie die zweiwertige Logik stören und das System dann nicht mehr funktioniert. Das Licht kann an oder aus sein, je nach Stellung des Lichtschalters - das ist die zweiwertige Logik des Systems. Bei einem Defekt steht der Lichtschalter auf "an", aber das Licht ist aus, oder die Lichtquelle explodiert, oder die Sicherung fliegt raus. Kommt ein Mensch als offenes System ins Spiel, dann kann es sein, dass er im Dunkeln den Lichtschalter nicht findet, keine Lust hat, das Licht anzumachen, seine Aufgabe vergessen hat, oder einfach blind ist.
Geschlossene Systeme sind reine Gedankengebilde wie die Mathematik oder die Geometrie. Sie werden auf der Grundlage einer Axiomatik gebaut. In der Mathematik ist der Gleichheitsbegriff vorausgesetzt oder das Zahlensystem, in der Geometrie sind es die drei Dimensionen. Diese Axiome werden von außen gesetzt, um ein System abzuschließen und berechenbar zu machen. Sie sind nicht aus der Natur beobachtet und keine Erfahrung. Ihre Grundlage wird angenommen, um ein System zu erstellen.[7] Die Zweiwertigkeit wird ebenfalls axiomatisch gesetzt und schon mit diesem einfachen Konstrukt muss die Geschlossenheit zwingend verknüpft sein. Sie wird von Kant in der 'Reinen Vernunft' vorausgesetzt. Die zweiwertig-logische Vernunft ist die Grundlage unserer wissenschaftlichen Kultur. Innerhalb geschlossener Systeme muss eine Aussage entweder richtig oder falsch sein.[8] Lässt man in unserem System der Verstandeslogik zu, dass Aussagen nur mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 1 zutreffen, ist jede darauf basierende Aussage weder richtig noch falsch, sondern erst mit weiteren Annahmen von außerhalb des Systems zu beweisen.
In seiner einfachen Form lässt sich dieser Beweis auf die alten Denkmodelle der Griechen zurückführen.[9] Dort wird ein Kreter zitiert der sagt: „Alle Kreter lügen." Dieser Satz wird aber erst dann zu einem Paradoxon, wenn man ihn präzisiert zu „Alle Kreter lügen immer." und damit ausdrücklich meint, dass jeder Satz eines Kreters ausnahmslos gelogen ist, es also keinen einzigen Satz irgendeines Kreters gibt, der einen Wahrheitsgehalt hat. Jedem Hörer dieses Satzes muss außerdem eindeutig klar sein, wie eine Lüge definiert ist. Das steckt den Rahmen dieser Aussage ab und macht deutlich, wie unwahrscheinlich diese Annahmen sind und wie wirklichkeitsfremd die Erkenntnisse aus diesem Gedankenspiel sind. Wenn es nur einen einzigen Satz gibt, den irgendein Kreter jemals der Wahrheit entsprechend gesagt hat, dann könnte es der oben zitierte sein: „Alle Kreter lügen." und der wäre dann immer falsch. Das Beispiel soll uns neben einem Einblick in ein Grundproblem der Logik in geschlossenen Systemen auch zu erkennen geben, wie fern der natürlichen Welt diese "Probleme" sind.
Logik ist unnatürlich.
Jedes geschlossene System wird auf Axiome gegründet, die nicht hinterfragt werden.[10] In anderem Zusammenhang habe ich das als ein finites Spiel bezeichnet. In der zweiwertigen Logik sind jedes Ereignis und jede Aussage innerhalb des Systems widersprüchlich, richtig oder falsch, rechts oder links, gewonnen oder verloren, flüssig oder fest. Sobald auch nur eine Aussage in dem System anders als zweiwertig oder mit einer Wahrscheinlichkeit oder Unsicherheit belegt ist, fällt das gesamte System in seiner Logik zusammen oder ist nicht mehr geschlossen.
Logik oder Natur
Der Anspruch mit zweiwertiger Logik die Natur zu beschreiben, greift viel zu weit. Die Natur ist ein offenes System und sie ist selbstbezüglich. Die Ereignisse sind demnach von wechselnden Randbedingungen abhängig, die sich mit den menschlichen Fähigkeiten nicht beherrschen oder planen lassen. Nehmen wir an, im Umkreis eines Tieres wäre irgendwo eine Beute, die es nicht sieht, aber riecht. In seiner Nähe ist das eigene hungrige Jungtier, das es beschützen will, denn es wird seinerseits von einem Feind bedroht. Es beginnt zu regnen und der einsetzende Wind wird die Geruchsspuren verwehen. Was wird geschehen?
Das kann kein Mensch vorhersagen. Und doch wird irgendetwas geschehen. Die Ereignisse in der Natur werden durch die Gefühle gesteuert, denen keine vorhersehbare oder gar kalkulierbare Sicherheit zugrunde liegt. Gefühle sind unbeschreiblich.
Die Natur ist nicht vollständig beschreibbar.
Der Mensch kann nicht einmal den Weg eines Steines berechnen, der einen Hügel herunterrollt, obwohl hier mutmaßlich kein Gefühl im Spiel ist. Für die Berechnung eines rollenden Gegenstandes braucht der Physiker einen geschlossenen Versuchsaufbau mit einer glatten schiefen Ebene und einer glattpolierten Kugel. Er braucht ein geschlossenes System und einfachste Zusammenhänge, um einfache Aussagen abzuleiten. Das Ergebnis seiner Kalkulationen hat keinerlei Entsprechung in der Natur und keinen Erklärungswert für die Wirklichkeit, in der wir leben und überleben wollen. Aus einem geschlossenen System Naturgesetze abzuleiten, ist eine Überheblichkeit der Menschen.
Die Natur folgt keinen Gesetzen, die der Mensch verstehen und nachvollziehen kann.[11] Das können wir schon aus der Notwendigkeit ableiten, den Wesen und jedem lebenden Organismus seine Möglichkeiten im Leben zu eröffnen. Um von A nach B zu kommen, lässt das Leben die Wesen fliegen, watscheln, schwimmen, springen, kriechen und vieles mehr. Wir Menschen sind die einzigen Geschöpfe, die sich Gesetze und Regeln für die Fortbewegung ausdenken. Außer uns verstehen diese Regeln keine anderen Wesen. Mit den Regeln bauen wir geschlossene Systeme oder finite Spiele mit Begrenzungen, einem Anfang und einem Ende, einer Wertung und Rangfolgen, Quantifizierungen und Logik.
Offene Systeme sind die Grundlage für die Welt des Lebens. Offene System sind unendlich und sie haben keine Regeln und Logik.[12] Sie lassen sich nicht verstehen, ergründen oder steuern. Der Mensch agiert wie alle anderen Wesen in dem offenen System der Natur nach seinen Gefühlen und Instinkten. Die Natur ist in dem strengen Sinne gar kein System, denn sie hat keine Begrenzungen, keine Logik und keine unveränderlichen Regeln. Wir wollen den Begriff trotzdem analog verwenden, weil er das Verständnis erleichtert.
Der Mensch ist ein offenes System solange er lebt. Er tauscht sich mit den Rahmenbedingungen aus und er beeinflusst sie. Durch diese Autopoiesis wird das System der Planbarkeit einer zielgerichteten Entwicklung entzogen. Der Mensch als Objekt und Subjekt überfordert seinen eigenen Verstand. Er findet keine vollkommene Sicherheit in seiner Zuordnung von Ursachen und Wirkungen, von Aktionen und Ergebnissen, von Erwartungen und Ereignissen. Diese Zuordnung ist prinzipiell nicht möglich, weil sie vom Subjekt Mensch mit verursacht wird. Der Verstand ist dafür ausgelegt, einfache Zusammenhänge zu erkennen und zu kommunizieren. Es ist nicht seine Bestimmung, die Rückkopplungen und selbstverstärkenden Effekte in Kausalitäten unterzubringen. Er wird diese natürliche Ordnung als Chaos bezeichnen, weil er keine Ordnung erkennen kann.
Die Natur ist Chaos.
Exkurs: Lebenszyklus und Wahrscheinlichkeit
Die Glockenkurve symbolisiert auch die Verteilung von Wahrscheinlichkeiten nach Gauss. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit findet man eine Erscheinung in ihrem Lebenszyklus an einer bestimmten Stelle oder in einem bestimmten Stadium. Die Erwartung ist also mehrwertig. In seiner mehrwertigen Logik findet der Beobachter eine Erscheinung (ein Leben) mit einer rechenbaren Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Stadium seiner Entwicklung zwischen Entstehung und Vergehen. Alle diese Erscheinungen und die zugehörige Logik sind mehrwertig, das System ist offen und wird erst durch die Beobachtung geschlossen. Die Wahrscheinlichkeit nimmt einen Wert an.
Das Leben ist in Möglichkeiten geschrieben, in Entwicklungen und in Potenzialen, die das Wesen ausfüllen kann. Der nächste Schritt ist in jeder Umgebung möglich, auch in der chaotischen.
Die Potenziale werden in manchen Modellen der Ausschöpfung mit der S-Kurve symbolisiert.[13] Das ist die standardisierte Entwicklung mit einem schwunghaften Aufstieg und dem Übergang in eine Sättigungsphase, die ein weiteres Wachstum immer schwieriger werden lässt. Die Ressourcen dieser Entwicklung sind aufgezehrt. Wachstum ist innerhalb der Grenzen kaum noch möglich. Das Leben nähert sich dem Ende.
Die daraus abzuleitende Glockenkurve ist der Lebenszyklus. Er beginnt und steigt sehr rasch an bis zu seinem Wendepunkt, wo er dann wieder abfällt auf den Boden, von dem er hergekommen ist.
Geborgenheit im Schamanischen
Das geschlossene System ist die quantifizierte Welt, wie sie in der Physik untersucht und geplant wird. Es hat die Qualitäten des Lebens ausgesperrt und den Geist aus der Wissenschaft verjagt. Die Spiele des geschlossenen Systems sind finit.
Das offene System ist das Leben und seine Qualitäten. Das Leben ist voller Gefühle, Erfahrungen, Ereignissen, Vertrauen und chaotischer Kreativität. Die Spiele des offenen Systems des Lebens sind infinit.
Finite Spiele werden innerhalb der infiniten Spiele gespielt.
Die Möglichkeiten, die ein offenes System für ein geschlossenes System anbietet sind unendlich. Das in letzter Grundlage offene System wird über die Natur vermittelt, es ist das pure Chaos, die Unendlichkeit, die nicht quantifizierbare Qualität oder das Soolago. Im Soolago sind alle Ursachen, aus denen mit einer nicht bestimmbaren Wahrscheinlichkeit Wirkungen eintreten. Die Wirkungen sind die Manifestationen aus der Unendlichkeit, sie sind der Beginn einer Struktur, der Ausgangspunkt unserer Erkenntnis. Die Wirkung entsteht in der Wahrnehmung aller Wesen - und eine Wirkung aus allen möglichen Erscheinungen ist die wahrnehmbare Natur.
Der Verstand spielt das finite Spiel der quantifizierten Welt. Er kann eine zweiwertige Logik auswerten und anwenden. Das gelingt ihm über mehrere Stufen oder Ebenen der Entscheidungen. Die mehrwertige Logik ist ihm unzugänglich. Mit Möglichkeiten kann der menschliche Verstand nicht agieren. Sobald eine Möglichkeit mit der Welt wechselwirkt, erscheint sie in der Welt. Jetzt ist sie Wirklichkeit.
Die Gefühle, der Geist, die Seele und die Natur sind mehrwertig. Aus dem Nichts tritt der Geist hervor, aus dem Nichts entsteht ein Gefühl, das Nichts ist der Boden der Seele. Darin findet die finite Welt des Verstandes ihre Ruhe. Die zweiwertige Logik des Verstandes findet Geborgenheit in den Gefühlen. Die Gefühle sind infinit. Gefühle vermehren sich, wenn sie geteilt werden.
Gefühle sind allen Wesen zugänglich. Sie sind die Essenz und der Träger der schamanischen Arbeit. Die Liebe weist den Weg. Die schamanische Lebensführung folgt den Gefühlen. Sie lässt sich von der Liebe anziehen und die Anziehungskraft bestimmt die Richtung des nächsten Schrittes - wenn der Verstand nicht im Weg steht.
Der Weg entsteht mit dem nächsten Schritt.
Rückblickend gibt es einen Weg und rückblickend ist etwas entstanden, dass zu Dir passt, wenn Du den Weg der Liebe eingeschlagen hast - vor allem den Weg der Liebe zu Dir selbst. Dann arrangiert das Leben sich um Dein Selbst. Alles, was am Wegesrand entstanden ist, wird von der spirituellen Kraft für Dich zusammengehalten. Das ist Dein Leben in Deinen Randbedingungen, die durch Deinen Weg entstanden sind.
Die Geborgenheit und das Glück werden von der spirituellen Kraft getragen, die das Selbst behütet. So manifestiert sich die quantifizierte Welt nachträglich aus den Schritten in die infiniten Möglichkeiten.
Erkenne Dich selbst und finde Deine Möglichkeiten.
In der zweiwertigen Logik kann ein Wesen lebendig sein oder tot. In der mehrwertigen Logik ist ein Wesen lebendig oder nicht-lebendig. Das Leben ist der Übergang und die Umwandlung der neuen Ereignisse in Strukturen, die an die Vergangenheit erinnern. Der Wahrheitswert läuft gemäß der mehrwertigen Logik entlang einer s-förmigen Kurve, die eine Ausschöpfung von Möglichkeiten charakterisiert.
Nach Goedels Logik gibt es immer wahre Sätze die innerhalb des Systems nicht abgeleitet werden können. Er weist nach, dass jedes finite System unvollständig ist. Das gilt in geschlossenen Systemen und geschlossene Systeme sind endlich. Die endlichen Systeme sind in die Unendlichkeit eingebettet. Der Begriff der Endlichkeit ist andernfalls ohne Bedeutung. Man kann die Endlichkeit nicht neben die Unendlichkeit stellen. Der Geist oder die Seele können nicht neben der Materie stehen. Geist und Gefühle sind ohne Zeit und Raum - das ‚neben‘ ist deshalb ohne sinnhafte Bedeutung.
Bezeichnen wir die finiten Systeme als die Träger einer zweiwertigen Logik und die Gefühle und die Seele als die infinite Basis mit einer mehrwertigen Logik. Dann spüren wir über die schamanische Arbeit das Soolago auf, das die Möglichkeit einer Logik bereithält. Von dort kommen die Möglichkeiten der zweiwertigen oder mehrwertigen Logik.
In der mehrwertigen Logik gibt es wie in einem Koan etwas, das sowohl endlich als auch unendlich ist. Das wäre der Vermittler zwischen dem Soolago und der Welt, ein Träger der Möglichkeiten. Von meinen Spirituellen Reisen habe ich die Erkenntnis mitgebracht, das Wasser dieser Träger ist.
Ich bin mir dessen sehr sicher, weil es keinen Sinn macht und ich nicht ergründen kann, warum das Wasser sowohl endlich als auch unendlich ist. Wenn ich durch Denken den Sinn ergründen könnte, dann wäre ich darüber beunruhigt. Das Denken ist keine notwendige Bedingung für das Leben, für uns und für die Natur. Das Denken ist endlich, jedenfalls sind die Denkergebnisse endlich und können deshalb keinen Beitrag zu der mehrwertigen Logik aus dem Soolago liefern.
Meine spirituelle Erfahrung hat mich gelehrt, dass Wasser ein Träger für die Möglichkeiten aus dem Soolago ist. Das Leben braucht vergangenes Leben und Wasser zu seiner Entstehung, es wird im Dunkel geboren. Da das vergangene Leben endlich ist, bringt Wasser die Möglichkeiten für neues Leben hinzu. Alles Leben ruht im Dunkel ohne Wechselwirkungen und alles ist möglich, weil das Wasser die Möglichkeiten bringt.
Epilog
In diesem Beitrag ‚Logik und Leben‘ kommen wir wieder einmal zu den menschlichen Vorstellungen von Endlichkeit und Unendlichkeit. Wir haben diese Nomenklatur bei den Finiten und Infiniten Spielen angetroffen, wir finden sie bei dem Abschnitt zu ‚Leib und Seele‘, sie erreichen uns als unendliche Gefühle und begrenzter Verstand, und hier nun finden wir ihre Bedeutung analog zu dem geschlossenen und dem offenen System.
Die zweiwertige Logik braucht ein geschlossenes System. Sie kann ihre Aussagen quantifizieren. Die mehrwertige Logik öffnet das System in die Unendlichkeit des autopoietischen Lebensprinzips. Zur Erinnerung sei nochmals die Bestimmung unendlichen Seins der endlichen Welt gegenübergestellt.
Endlich sind Systeme oder Erscheinungen, die bei der Teilung in kleinere Einheiten zerfallen.
Unendlich sind lebendige Einheiten, die bei der Teilung vermehrt werden.
Die schamanische Betrachtung ist vitazentriert, also auf das Leben gerichtet. Sie erkennt die zweiwertige Verstandeslogik der geschlossenen Systeme an und kann sich durchaus damit auseinandersetzen. Das Endliche ist in der vitazentrierten Betrachtung enthalten. Aber das ist nicht umkehrbar. Das Unendliche, das Leben, die Kreativität, die Gefühle und die Seele können nicht in einem endlichen, geschlossenen System untergebracht werden.
Ein lebender Baum enthält abgestorbene Strukturen und die stabilisieren ihn. Eine abgestorbene Struktur kann niemals einen lebenden Baum enthalten.
Schamanische Hilfe kommt über die Gefühle und lässt sich dann in den Strukturen, im Körper nieder. Das gesunde Leben folgt zuerst den Gefühlen und zieht dann den Körper hinter sich her. Das Gefühl führt zu einer Aktion und die Erklärung in endlichen Worten folgt. Der nächste Schritt bringt Dich vorwärts und erst rückschauend siehst Du den Weg.
Das Leben enthält die Logik.
[1] s. dazu Weiss, Gödels Unvollständigkeitssatz, die Vernunft, Metawahrheit(en) und Everetts Vielweltentheorie; Wien Klosterneuburg, 2009, S. 10
[2] Bei einem sitting out gehst Du in die Natur (wenn möglich in den Wald) und setzt Dich dort allein der Natur aus. Du schläfst nicht. Du nimmst Deine Frage oder Deine Mission mit und präsentierst die Frage oder Bitte der Natur und Deinen Spirits. Du schreibst auf, was Du als Antwort oder Ratschlag bekommst und handelst danach.
[3] Siehe dazu: Holger Lyre: Kants „Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft“: gestern und heute, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 54 (3/2006), 1–16, Seite 5. Dort werden die Kategorien ‚Schemata‘ genannt.
[4]Kant, I.: Schriften zur Naturphilosophie, S. 12
[5] Das ist von Holger Lyre gut aufbereitet, ebd. S. 6 ff
[6] ceteris paribus wird interpretiert als die Konstanz aller Randbedingungen. Bis auf die beobachtete Bedingung sollen alle anderen Einflussgrößen konstant sein, so dass ihre Wirkungen auf den Versuch oder die außer Acht gelassen werden können.
[7] Die drei Dimensionen der Geometrie sind angenommen und gesetzt, die Gleichheitsrelation in der Mathematik ist ein Axiom, die Welt als Wille und Vorstellung ist eine Fiktion.
[8] s. Weiss, ebd., S. 4f
[9] Hier auf das Kreter-Paradoxon das dem Epimenides zugeschrieben wird.
[10] Gödel hat sich auf die Arithmetik als Axiom-Rahmen bezogen. Er hat aber mit der Gödelisierung der Sprache jede Aussage in die Arithmetik überführt und damit seinen Beweis erheblich ausgebaut. s. Walter Weiss, ebd., S. 4f
[11] s. dazu Weiss, ebd., S. 12 und er folgert sogar noch weiter: Die Natur ist kein System.
[12] Finite Spiele sind Spiele in geschlossenen Systemen, infinite Spiele spielen in offenen Systemen, sie sind die Umgebung der finiten Spiele. Der Begriff des "Systems" wird hier nur deshalb verwendet, weil er in den geschlossenen Systemen einen Sinn ergibt und analog zum Verständnis des offenen Systems beiträgt. Auf das Offene ist der Begriff eigentlich nicht anwendbar.
[13] Die erste Ableitung zu der S-Kurve ist die Glockenkurve, ein Symbol für den Lebenszyklus. In diesem Sinne ist der Lebenszyklus ein anderes Bild für die Ausschöpfung von Potenzialen. Die Glockenkurve ist im Übrigen auch die Symbolik für die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Ereignissen.