Auf der Suche nach dem ersten Stein

Leben, Metaphysik und die Welt.

 

Die Holistik

Der stärkerer Erklärungsansatz als die Teilchenwelt ist die Holistik. In dieser Betrachtung ist das Teil im Ganzen und das Ganze im Teil. Die Holographie liefert dafür ein gutes Beispiel. Sie setzt ein Bild aus kleinsten Teilbildern zusammen, von denen jedes die Information des Gesamtbildes hat und erzeugt damit dreidimensionale Bildeindrücke.

Zu einem Regenbogen finden sich unzählige Regentropfen zusammen, von denen jeder einzelne als Prisma das Licht der Sonne reflektiert. In der Summe erscheint der Regenbogen als großes Prisma mit allen sichtbaren Farben des Lichts.

Die Holistik geht aber weit über diese einfachen Beispiele hinaus. Sie erkennt, dass jedes Ganze Teil eines größeren ist. Sie erkennt vor allem aber, dass es nicht nur eine Wirkungsrichtung vom Kleinen zum Großen gibt, sondern das Ganze auf die Teile ebenso wirkt, wie umgekehrt. Kein Teil lässt sich ohne Auswirkungen auf die Gesamtstruktur verändern. Jedes Ganze wirkt auf seine Teile zurück.

Das Teil, welches zugleich ein Ganzes ist, wird Holon genannt.

Das Holon als Teil/Ganzes ist sowohl aktiv, als auch passiv. Es wirkt auf seine Umwelt und wird von der Umwelt geformt. Ein Glas Wein wirkt auf den Menschen der es trinkt, und wenn er den Wein gemacht hat, lernt er sicher etwas für seine zukünftige Arbeit am Weinberg und in der Kelterei. Der Geschmack, dieser unbestimmbare Zeiger der Innenwelt, das höchst subjektive, unbeschreibliche Wirkungsfeld der Psyche, er wird das Ego im Winzer beeinflussen und ihn zu beobachtbaren Handlungen motivieren. Die Aktionen der Menschen werden von den Gefühlen ihrer Innenwelt, von den seelischen Bewegungen ihres Selbst geführt. Die Summe der Aktionen der Menschen einer Gesellschaft formen ihre Kultur und die Kultur wiederum formt den Menschen.

Die willkürliche Zerstückelung der Wirklichkeit in Quarks, Zellen, Ideen oder Prozesse ist Menschenwerk. Sie entspringt der menschlichen Sicht und Wahrnehmung. Sein Verstand holt sich aus der unendlichen Zahl und Vielfalt der Holons des Universums diejenigen Elemente und Strukturen heraus, deren Wechselwirkung mit dem Menschen er wahrnimmt und versteht.

Diese von ihm selbst gemachte Ordnung hält er für die ganze Wirklichkeit. Die so eingeschränkte Ordnung ist aber begrenzt auf die Wahrnehmung des Menschen. Er realisiert nur die Phänomene, die mit ihm in Wechselwirkung treten und die gemeinhin von den Sensoren des Sehens, Hörens, Tastens, Schmeckens und Riechens erfasst werden. In Relation zu anderen Wesen ist die wahrgenommene Welt des Menschen ein winziger Ausschnitt der Wechselwirkungen, die alle Wesen erfahren – von den Einflüssen, die nicht wechselwirken, wie dunkle Materie oder dunkle Energie, ganz abgesehen.[1]

Alles, was existiert, ist Holon, ist Ganzes/Teil. Es gibt keine Grundbausteine allen Seins. Das Grundprinzip des Universums ist weder Ganzheit, noch Teilheit. Jedes Ganze ist ein Teil, bis in die Unendlichkeit. Das Grundprinzip des Universums ist ein miteinander verwobenes, untrennbares Geflecht von Holons.

Das Grundprinzip des Universums ist Synergie

Die Holons bauen zwar aufeinander auf; Organe enthalten Zellen, Zellen enthalten Moleküle, aber nicht umgekehrt. Das Organ ist Teil des Organismus, nicht umgekehrt. Der Organismus ist aber Teil seiner biologischen, soziologischen oder physikalischen Umwelt. Diese Umwelten sind ihrerseits wieder Holons, d. h. Teile/Ganze. Die Beziehungen der Holons bestehen nicht aus hierarchischen Ordnungen, aus deterministischen Bipolen, sondern aus Wechselwirkungen.

Der Weg zu einem naturnahen Weltbild führt über die Wechselwirkung zu neuen Gesamtheiten. Werden die Wechselwirkungen gefördert, werden Interaktionen in allen Richtungen katalysiert, werden Einflüsse von Holons auf andere Teile/Ganze beobachtet und akzeptiert, dann sind neue naturnahe Erkenntnisse zu erwarten. Andererseits kann im Umkehrschluss eine naturferne Konstruktion mit geringer Wechselwirkung als „weltfremd“ klassifiziert werden, als außerhalb der naturbestimmten Zusammenhänge. Diese Diskussion über die Holons ist zum Beispiel weltfremd, denn der Mensch ist das einzige Wesen in der Natur, das diskutieren kann. Über Holons diskutieren einige Mitglieder der materiellen, naturwissenschaftlich vorgebildeten Gesellschaft. Weder das Thema, noch die Diskussion hilft dabei das Glück im Leben zu finden. Das ist aber unsere Mission, mit der wir in das Leben gekommen sind. Die Diskussion über Holons ist deshalb ‚lebensfremd‘, fern der Natur.

Die Nähe zur Natur hat nicht nur eine akademische oder klassifizierende Bedeutung, sie gibt vielmehr klare Hinweise auf den nachhaltigen Wert eines Teils der menschlichen Ordnung, auf die Beständigkeit des Produktes seiner Kultur, auf die Überlebenschance der menschlichen Artefakte. Plutonium ist ein Element mit geringer Wechselwirkung zu anderen Elementen der Natur, deshalb kommt es nur in so geringen Mengen natürlich vor, wie es im Gleichgewicht der Ressourcen abbaubar ist. Bäume haben eine starke Wechselwirkung mit ihrer Umwelt und können mithin in großen Mengen im Naturkreislauf verkraftet werden.

Vor holistischem Hintergrund der Wechselwirkung erhält der zweite Hauptsatz der Thermodynamik eine neue Bedeutung. Die Entropie ist demnach nicht ein Verlust von Ordnung in der menschlichen Systematik der atomistischen Lehre, sondern ein Gewinn an natürlicher Ordnung im holistischen Sinne. Der sogenannte Energieverlust bei der Umwandlung von Aggregatzuständen beschreibt die Rückführung in den naturnahen Zustand, die Wechselwirkung mit der Umwelt.

Der Mensch ist ein Holon und als solches in biologische, physikalische, soziologische und andere Holons eingewoben. Er kann diese Holons zwar beeinflussen, aber sie wirken auch auf ihn zurück. Der Mensch kann sich als Holon des Ökosystems zwar Rohstoffe von der Natur leihen, um fliegen, tauchen oder warm sitzen zu können. Das ist aber nicht verlustfrei zu haben. Die Natur holt sich ihre Leihgaben für die menschlichen Artefakte über die Entropie zurück. Der Mensch darf diese Tatsache als Holon seiner Umwelt nicht ignorieren. Tut er es doch, so wird ihn die Natur, bzw. Biosphäre als wechselwirkendes Holon eines Besseren belehren. Die Wirklichkeit ist holistisch und die Prozesse der Wirklichkeit sind holistisch und sie kümmern sich nicht im Geringsten darum, wie der Mensch in der industriellen Kultur die Wirklichkeit gerne kategorisieren möchte.

Der Welt ist es einerlei, ob der Mensch sie richtig wahrnimmt, ob sein Weltbild das wahre Bild der Welt ist. Es ist nicht zu erwarten, dass der Mensch die Welt komplett erfassen kann, da auch er als Holon ein Teil/Ganzes ist und seine Wahrnehmungen der Wechselwirkungen mit anderen Holons begrenzt sind. Damit ist seine Informationsaufnahme begrenzt, seine Handlungen sind suboptimal, er kann die Konsequenzen seiner Eingriffe nur ungenügend abschätzen.

In einer naturfernen, materialistischen Kultur lässt der Mensch in seinen Handlungen viele Wechselwirkungen mit anderen Holons der Umwelt, des Sozialsystems, der Energie, des Geistes und sogar seines eigenen Körpers außer Betracht. Im weiteren Verlauf der Welt fordern die vernachlässigten Wechselwirkungen aber ihren Tribut. Denn ihre Existenz ist in der Welt, selbst wenn sie außerhalb des (Welt-) Bildes des Menschen liegen.

Die Wirklichkeit des Lebens ist der Container für die Krümel der Materie