Menschen
Die Seele im Leben
Die Empfindungen und Einsichten zu allen Fragen, so auch zu den Fragen des Lebens, der Wahrnehmung und der Wirklichkeit, entspringen dem Geist, den Gefühlen oder der mentalen Ebene. In den spirituellen Tiefen sind die Antworten zu finden, die uns in unserem Leben bewegen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens beantwortet uns nicht der Körper. Warum wir sind und wer wir sind, ‚weiß‘ die Seele. Wenn wir den Ausgangspunkt für unser Glück, die Zufriedenheit und die Gesundheit in unserem Leben ergründen wollen, dann befragen wir die Seele. Wir erkennen uns an der Seele, die unbeschreiblich und unfassbar ist. Sie ist aber so konstant und wirklich, dass wir einen Säugling bei seinem Namen nennen und die gleiche Person ebenfalls, wenn sie ein Greis geworden ist. Wir würden sie auch noch erkennen und ihren Namen nennen, wenn der Körper seine Form extrem verändert.
Wir erkennen die Seele.
Wir erkennen uns nicht an den veränderlichen Körpern, die beschrieben und angeschaut werden können. Die Körper sind die Wirklichkeit der ganz speziellen visuellen Wahrnehmung des Menschen und der anderen visuellen Tiere. Wenn Pflanzen etwas vom Leben erkennen, dann ist es nicht der Körper, sondern die Seele oder der Geist. Pflanzen drehen sich zum Licht, aber nicht zur Sonne oder ihrem Bild. Fledertiere haben kein vollständiges Bild eines Körpers, wenn sie ihn umfliegen. Eine Schnecke findet ihren Partner zur Fortpflanzung nicht, weil sie weiß, welche Geschlechtsmerkmale er oder sie trägt. Sie findet ihn, weil sein Eros anziehend ist.
Überall in der Natur ist Leib und Seele untrennbar. Nur wir Menschen haben uns eine Welt gebaut, in der wir Körpern eine andere Funktion zuweisen, als der immateriellen Seele. Leib und Seele zu beschreiben und ihre Verbindungen zu hinterfragen, ist Menschenwerk. Niemand sonst in der gesamten Natur stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang von Leib und Seele. Die Frage ist ja erst möglich geworden, als wir gedanklich ein Weltbild aufgebaut haben, in dem die untrennbaren Synergien zwischen Leib und Seele auseinanderdividiert worden sind. Das ist keine natürliche Frage. Außer den Menschen der materialistischen Kultur stellt sie niemand.[1]
Inzwischen ist die Dualität von Körper und Geist sogar in die Alltagserfahrung der Menschen in der materialistischen Kultur eingegangen. Ihr Geist, ihr Verstand wird anerzogen und trainiert und davon unabhängig, wird der Körper in der physikalischen Welt konditioniert. Er soll funktionieren und die alltägliche Weisheit behauptet sogar ‚mens sana in corpore sano‘, also der Geist sei in einem gesunden Körper erst gesund. Wir kommunizieren nicht mit dem Herzen und der Seele, sondern nehmen mit unseren Sinnen die physikalische Welt war und verabreden mittels unserer Sinne, vor allem der Sprache und unseren Taten eine gemeinsame Welt mit den anderen Menschen. Andere Wesen oder die Natur sind ausgeschlossen und nehmen an dieser Kommunikation nicht teil.
Ein Schamane hat die Wahrnehmung der Gesamtheit aus der Perspektive der Natur. Die Sicht auf das Ganze, auf die Synergie von Leib und Seele, von Materie und Geist oder von Struktur und Kreativität ist die natürliche Perspektive aus der Natur - mit Ausnahme von einigen menschlichen Kreaturen, die Leib und Seele gedanklich trennen. Die schamanische Aufmerksamkeit ist auf die Seele fokussiert, als die gemeinsame Basis allen Lebens.
Die glückliche Seele sorgt für einen gesunden Körper.
Der Beginn des Lebens
Woher das Leben kommt, ist für uns undenkbar. Wir können es fühlen und an der Seele erkennen. Es ist nicht erklärbar oder konstruierbar, weil die Ursache unbekannt ist. Es kommt aus dem Nichts und erscheint in unserer Welt. Es hat aber nie einen ersten Schritt in die materielle Welt getan, sondern die materielle Welt wie wir und unsere Physik sie erkennen, ist vielmehr aus dem vergangenen Leben als Struktur hervorgegangen.
Den ersten Schritt findet man nicht, wenn man mit den jetzigen Erkenntnissen an der Entwicklung zurückläuft. Es gibt keine Bestimmung oder ein Ziel des Lebens, in dessen Richtung sich das Leben in Bewegung gesetzt hat. Der erste Schritt ist beliebig, ohne eine Präferenz für irgendeine Richtung. Wenn jeder erste Schritt möglich ist, so ist das Soolago alle Möglichkeiten.
In dieser Gemengelage von Leben in Formen und Formen ohne Leben, entsteht und gedeiht neues Leben. Das kann ein Bakterium in einer Salzlake sein oder ein Mensch in einer modernen Großstadt. Die jeweiligen Randbedingungen sind für jedes Wesen erfühlbar und es erkennt seine Möglichkeiten, je nach Wahrnehmungsorganen. Danach richten die Wesen sich aus, ob es nun Eukaryoten sind oder aus Eukaryoten zusammengefügte Organismen, je nach Sichtweise.[2] Die Tiere oder Pflanzen haben viele Billionen Zellen mit einem Zellkern.
Damit ist aber nicht allein das Phänomen beschrieben, dass die Zellen sich durch Teilung vermehren und bei genügender Energiezufuhr in wenigen Stunden viele Billionen Zellen entstehen können, wenn die Randbedingungen günstig sind. Ein Haufen Zellen in einer Nährlösung hat ja noch keine Form oder Bestimmung oder gar einen Geist. Die Zellen brauchen ein gewisses Ordnungsprinzip oder eine Form und eine Synergie, der sie folgen oder sich einfügen. Eine große Zahl von Zellen sind noch kein Organismus, es fehlt ihnen die Orientierung der Struktur.
Tiere und Pflanzen entstehen durch Zellteilungen, aber die Frage, wie die entstandenen Zellen sich organisieren oder organisiert werden, ist noch nicht beantwortet in der Wissenschaft. Und wann der Geist oder das Bewusstsein hinzukommen ist ebenfalls unklar. Wo soll der Geist sein? Die Vorstellung ihn zu einem Billionstel in jeder Zelle zu finden, erscheint absurd. Dann hätte jeder Baum oder jeder Wal oder jedes Rind mehr Bewusstsein als ein Hund, ein Strauch oder ein Mensch. Die Idee des Geistes im Körper oder gar in den Zellen ist nicht zu verteidigen.
Der Geist wohnt nicht im Körper.
Aber was ist das Leben? Wie spüren wir, dass wir leben?
Leben ist Kreativität und der beständige Fluss neuer Möglichkeiten. Tod ist Struktur, unbeweglich und starr. Das Leben braucht vergangenes Leben um sich zu entwickeln, um zu leben (Biogenese). Braucht die Kreativität die Struktur?
Kann Leben nur aus Leben entstehen, oder kann Leben auch aus Struktur, aus toter Materie entstehen? Die Frage führt an den Anfang des Lebens und an die Basis unseres Weltbildes. Wenn Leben aus toter Materie entstehen kann, dann ist die Physik oder die Chemie die Basiswissenschaft. Sie hat dann offenbar alle Erklärungen für die Entstehung des Lebens an der Hand. In diesem Szenario ist die Lösung des Rätsels zum Beginn des Lebens nur eine Frage der weiteren Entwicklung der Naturwissenschaften. Sobald sie genug Wissen zusammengetragen haben, können sie die Entstehung des Lebens und des Geistes erklären. Bis heute sind die Naturwissenschaften noch nicht so weit.[3]
Folgen wir ein Stück dieser Erklärungslinie, nach der das erste Leben aus toter Materie entstanden ist. Warum ist anschließend das Prinzip umgekehrt oder neu formuliert worden? Das Leben entsteht heute aus Leben, das ist das Lebensprinzip, welches die Menschen am besten verstehen und erfahren können. Kann die Taufliege aus dem Nichts entstehen, wenn die Rahmenbedingungen dazu geeignet sind, wenn also Früchte da sind und mutmaßlich noch andere Bedingungen, wie Wärme und Dunkelheit? Obwohl es den Anschein hat, dass die Fliegen irgendwo herkommen, vermehren sie sich durch Befruchtung, und durchlaufen die drei typischen Madenstadien. Sie entstehen also auch aus Leben. Nach dem ersten Schritt von toter Materie zu beseeltem Leben entsteht seitdem immer wieder Leben aus Leben und nicht aus toter Materie (Biogenese). Für die moderne Theorie der Evolution ist das eine wichtige Bedingung, die nicht in Zweifel gezogen werden kann.
Darwin postuliert, dass der Bestangepasste überlebt (survival of the fittest). Dabei unterstellt er, dass Überleben ein wichtiges, sogar ein überlebenswichtiges Prinzip der Natur ist und die Informationen dazu vererbt werden. Wenn das Leben aus toter Materie entstehen kann, gäbe es keine Notwendigkeit für das Überleben - und damit noch nicht einmal die Frage, ob der Bestangepasste überlebt, oder zufällig irgendein anderes Wesen. Sollte es möglich sein, dass Leben aus toter Materie entstände, gäbe es keinen überzeugenden Grund für eine Evolution. Und schon gar nicht für eine Evolution zugunsten des Bestangepassten. Wenn die Entwicklung eines Lebens nicht zu den Rahmenbedingungen passt, dann sterben einfach alle weg und neues Leben entsteht aus toter Materie.
In einem unbeseelten Leben braucht es keine Evolution zu geben.
Leib und Seele als Geist und Körper
Die Erklärung des Lebens bewegt sich zwischen zwei extremen Grenzen. Auf der einen Seite hat sie mit der Evolution aus toter Materie eine physikalische Grundlage. Diese physikalische, materialistische Grundlage[4] ist eine Rückprojektion der Weltbilder der neueren Naturwissenschaft. Wir tragen das Bild des Geistes im Körper zurück durch die Evolution bis zur Entstehung des Lebens. Demnach muss die Materie zuerst in der Welt gewesen sein, um dem Geist eine Heimstatt und Basis zu bieten. Das Bild der Welt mit der Grenzziehung zwischen lebendig und nicht lebendig wird von den Kulturen nach ihrem Bild des Lebens frei definiert. In dem Weltbild der westlichen, materialistischen Kultur hat die Physik die Hauptrolle übernommen und dem entsprechend ist die Materie die Basis der Konzepte zum Leben.[5]
Die andere extreme Grenze wird von Naturvölkern gelebt, oder genauer gesagt von solchen Völkern, die auf dem Stand der Verbundenheit zur Natur verblieben sind. Zu Beginn der Entwicklung sind wir ja alle Naturvölker gewesen. Animistische Kulturen erkennen weit mehr Leben in der sie umgebenden Welt, als die physikalische Interpretation der wahrgenommenen Welt.[6] Im Animismus sind der Mond und die Sterne lebendig, die Steine, der Wind, das Feuer, das Wasser oder der Wald. Die Frage der Trennung zwischen Materie und Geist wird gar nicht gestellt und daraus ergibt sich auch keine Frage nach der Reihenfolge der Entstehung oder der Integration des Geistes in die Materie et vice versa.
Den Animismus erkennen wir in der Sprache an den Artikeln: die Sonne, der Mond, der Stein, der Fluss, die Gestirne, der Fels, die Wüste. Er schimmert auch in den Horoskopen oder der Astrologie durch, denn hier traut man den Gestirnen eine Wirkung auf die lebenden Menschen, Tiere, Pflanzen oder sonstige belebte Natur zu.
In der physikalischen Welt hat Descartes in einem Gedankenexperiment begonnen, Geist und Körper zu trennen. Dem Körper wird eine Funktion zugewiesen, er soll ‚funktionieren‘.[7] Descartes definiert einen Teil der belebten Welt als unbelebt und rein materiell. In der physikalischen Naturwissenschaft der Aufklärung wurde sogar der Mensch und das Tier als eine Maschine betrachtet mit bestimmten Funktionen, Inputs und Outputs. Dieses Naturbild ist Grundlage der technisch, materialistischen Kultur geworden.
Nach einem Aufschwung der technischen Entdeckungen und Errungenschaften hat diese Kultur sichtbare Ermüdungserscheinungen. Sie ist in einer Sackgasse und kann keine tragfähigen Erklärungen für das gesamte Leben auf der Erde liefern. Die technische Kultur kann den Fortbestand des menschlichen Lebens auf der Erde nicht sichern. Ganz im Gegenteil vernichtet sie die Grundlagen für das in einem beängstigenden Ausmaß und mit steigender Geschwindigkeit.
Bei näherem Hinsehen ist das nicht verwunderlich, denn die Wissenschaft der Neuzeit hat keine Erklärung dafür, was das Leben eigentlich ist. Bei allen Aufrufen zum Schutz des Lebensraums ist unter wissenschaftlichen Aspekten unklar, was damit gemeint ist. Die irrige Annahme, dass damit der Lebensraum der westlichen, technischen Kultur gemeint sei, ist im Einklang mit der Zerstörung. Das Leben kommt in der Physik nicht vor. Die Basis der technischen Kultur ist undefiniert. Die Wissenschaftler nach Descartes und Newton haben einfach im ersten Stock weitergemacht. Jetzt wackelt das Gebäude und steht vor dem Einsturz. Das vorher verleugnete Leben kommt mit der Natur zurück. Es entzieht nicht nur der Wissenschaft die Basis, sondern der gesamten darauf basierenden Kultur.
Die Frage: "Was ist Leben?" ist sehr schwierig zu beantworten, vielleicht für den menschlichen Verstand sogar unmöglich. Wenn diese Frage unklar bleibt, dann gilt das gleichermaßen für die eingangs gestellte Frage nach der Entstehung des Lebens. Was soll genau entstanden sein?[8]
Die Vorstellung der Wissenschaft und der meisten Menschen endet bei dem ersten Eukaryoten, weil unklar bleibt mit welchem Schritt er sich von dem letzten materiellen Element, der Aminosäure abgesondert hat und dann reproduktionsfähig wurde, und weil das als Grenze zum Leben undefiniert ist. Ist Leben ohne das Nichtleben möglich? In einem anderen Beitrag habe ich dargelegt, dass auch in der Entstehung des Lebens das Nichtleben eine wichtige Rolle spielte, wie heute auch.
In der weiteren Entwicklung sind die Struktur und die Kreativität untrennbar. Alles ist Synergie. Das Leben ist Synergie und es scheint eine Frage der Definition zu sein, was als Leben bezeichnet wird. Leben ist was wir "Leben" nennen.
Wegen der Untrennbarkeit aller Erscheinungen auf unserer Erde ist das Wasser also ebenso zum Leben gehörig wie die Luft oder das Feuer. Wegen der Einheit wirkt der Stein ebenso wie die Pflanze, die Erde ebenso wie das Fell, der Mond ebenso wie der Wind, die Hand ebenso wie die Intention. Die Frage nach der Entstehung des Lebens ist tatsächlich falsch gestellt. Sie kann wegen der Synergie zwischen Leben und Nichtleben nicht aufgetrennt und mit einer Reihenfolge versehen werden. Das Leben ist nicht aus toter Materie entstanden, sondern die tote Materie hat einen Synergiepartner gefunden, mit dem sie leben kann.[9]
Leib und Seele in Synergie
Die Synergie aus Endlichkeit und Unendlichkeit, aus Chaos und Struktur, aus Zeitlosigkeit und Zeit, aus Materie und Ideen, das macht das Prinzip des Lebens aus. Mehr Prinzip braucht es nicht für die Entwicklung des Lebens auf der Erde. Weil neues Leben vergangenes Leben braucht, ist der Schritt in das Orano der Beginn des Lebens und aller folgenden Leben. Die permanente Erneuerung, das Sterben für neues Leben ist die Entwicklung. Und das neue Leben hat neue Möglichkeiten für Veränderungen in neuen Potenzialen, neuen Rahmenbedingungen.
Ein Prinzip aus dem Soolago ist die Synergie der Endlichkeit und der Unendlichkeit, das Orano. Die Idee anderer Prinzipien übersteigt unsere Vorstellungskraft bei weitem. Wir lassen uns in weiten Bereichen unseres Lebens von der materiellen Erfahrung leiten und haben in der technischen Kultur verabredet, dass das die Welt ist. Um in der Welt zu kommunizieren, malen wir uns ein Bild der Welt.
Die neuen Rahmenbedingungen sind das Ergebnis der alten, denn das bisherige, vergangene Leben formt sie. Es liefert den Humus in der Erde und die Atemluft, es lässt Wälder gedeihen und Pflanzen wachsen, es sammelt die Ausscheidungen und die Samen, die Geschichten und die Erinnerungen. Das Leben lebt vom vergangenen Leben (Biogenese). Der spirituelle Fluss ist eine Metapher für die Kreativität die mit allen Lebewesen der Natur geteilt wird.
Kreativität ist ohne Verlust teilbar, das macht sie unendlich wie jedes Gefühl, wie die Seele, den Geist und die Liebe. An der Struktur realisiert die Kreativität sich, wie das Wasser Strudel an einem Stein bildet. Das vergangene Leben liefert die Struktur, die Spiritualität liefert die kreativen Möglichkeiten, die Struktur und die Strudel sind das Leben. Es verändert seine Bestandteile, aber hält die Form. An der Seele in diesem Orano (an dem Geist oder der Liebe) ist es erkennbar.
Die Idee der Zusammengehörigkeit von Struktur im weiteren Sinne und Geist ist ein Paradigma für alles Leben. Die verbundenen Synergien sind aufwändiger geworden, das Zusammenspiel erfordert höheren Koordinationsaufwand. Mehrere Zellen verbinden sich, koordinieren sich und erhalten eine Form. Die Form wird sogar ein wichtiges Charakteristikum für Leben. Leben hält die Form in verändernden Rahmenbedingungen und duldet eine Änderung der Strukturen zur Formerhaltung. Ein lebender Körper hält seine Form im Wesentlichen und bleibt erkennbar auch wenn Details sich ändern. Nichtleben hält an den Strukturen fest und duldet eine Änderung der Form. Ein Stein wird von den Rahmenbedingungen, von Wind, Wasser, Feuer, Gravitation oder Sonne verändert und ist nicht mehr erkennbar.
Leben hält die Form.
Was aber ist mit Teilen der Formen, die zu Strukturen werden? Am Baum oder an Pflanzen lässt sich das einfacher erkennen, als an Menschen oder anderen Wesen.[10] Der Baum ist eine Synergie aus lebenden und nicht lebenden Teilen. Er wird mehr und mehr zu Struktur und am Ende verkohlt er oder verölt. Auch der Mensch wird immer strukturierter und verknöcherter. Der Fluss des Lebens steht am Ende still, es gibt keine Möglichkeiten mehr, keine kreativen Optionen, keine Anpassung mehr an die Rahmenbedingungen. Lediglich die letzte Option bleibt dem Körper: noch einmal einatmen. Der Rest ist Struktur und die Struktur wird aufgegeben und duldet eine Veränderung der Form.
Die Struktur oder besser die Einzelteile der Struktur dienen dem Leben als Nahrung oder als Vermittler zur Nahrung - je nach Länge der Nahrungskette. Die Blätter des Baumes fallen ab, die Äste sterben oder Teile des Baumes sterben und werden Struktur. Damit lässt der Baum im Wald für seine Umgebung den Humus entstehen, der neues Leben ermöglicht und zwar nicht nur für sich oder seine Spezies, sondern für alle Lebensarten, für alle Tiere oder Pflanzen. Die Struktur ist also nicht individuell, sondern dient der Erde oder der Natur in einer sehr breit verstandenen Bedeutung. Das ist die Betrachtung für den materiellen Teil des Lebens in der Natur.
Es braucht Kreativität und das Erkennen der Möglichkeiten, um sich an die Rahmenbedingungen anzupassen. Die Natur fördert die Individualität und spezifische Ausprägung der Wesen, damit der Organismus seine Möglichkeiten in den Randbedingungen findet. So entsteht die Vielfalt als eine Anpassung an die Rahmenbedingungen, die selbst aus dem Leben entstanden sind. Auf der Suche nach dem ersten Stein werden wir zu der Frage geführt, ob es einen ersten Körper gegeben hat, der kein vorheriges Leben brauchte, aber seinerseits eine erste Rahmenbedingung für das Leben war.[11]
Diese Frage kann nicht entschieden werden, weil sie die wesentliche Grundlage der Seele oder des Geistes außer Betracht lässt. Für die Seele gibt es keinen ersten Tag, an dem sie auftrat und keinen Körper, mit dem alles begann. Die Seele ist ohne Zeit und Raum und sie kann nicht in einem Körper zu einer bestimmten Zeit sein.
Sie wird auch nicht zu einer bestimmten Gelegenheit oder in einem erkennbaren Stadium zur Materie gestoßen sein, die bis dahin ein seelenloses Dasein geführt hat. Alle Wesen einschließlich der Menschen erkennen die Seele an dem Gefühl. Das Gefühl kann über die Körpergrenzen hinweg geteilt werden und dabei wird es vermehrt. Aus dieser Unendlichkeit, die sich bei Teilung vermehrt, lässt sich kein erster Schritt ableiten.[12] Aus einer spirituellen Sicht auf das Leben ist deshalb die Frage nach dem Beginn des Lebens falsch gestellt.
Das Leben hat keinen Beginn.
Der Lebensfluss bildet an der Materie einen Wirbel und das Leben aus Materie und Seele zeigt sich, es kommt in unsere Wahrnehmung.
Die Physik betrachtet die Materie und sie versucht ebenfalls den ersten Schritt des Lebens zu finden. Aus dieser Sicht ist der erste Schritt aus den Möglichkeiten in das Leben unerklärlich. Der erste Tod, der eine Struktur hervorgebracht hat, an der das Leben sich entwickeln konnte, an der der spirituelle Fluss einen Halt fand, an dem die Synergie das Leben ermöglichte, der erste Schritt ist eine Wirkung ohne Ursache. In der physikalischen Welt gibt es das zum Beispiel in der Quantenphysik. Materie entsteht aus dem Nichts wegen der Beobachtung.
Es gibt ein vergleichbares Phänomen der Wirkung ohne Ursache auch bei der Gravitation: die Physik kann sie messen, aber findet keine Ursache als materielle Grundlage.
Leben ist Wirkung ohne Ursache.
[1] In der Antike gab es schon unterschiedliche Ansätze sich der Thematik zu nähern. In radikaler Form hat René Descartes die Trennung von Leib und Seele oder von Materie und Geist in die Philosophie eingebracht. Letztlich erfüllt bei ihm der Körper eine Funktion, die sich mit der Physik beschreiben lässt.
[2] Eukaryoten sind Bakterien mit einem Zellkern.
[3] In dem ersten bemerkenswerten Laborversuch von Stanley Miller vor rd. 70 Jahren konnten einige Biomoleküle und Aminosäuren nachgewiesen werden. Seitdem bemüht die Wissenschaft sich vergebens, eine Eigendynamik oder die Reproduktion in Gang zu setzen.
[4] Thomas Nagel zu der materialistischen Grundlage und der Genwissenschaft als physikalischer Theorie. S. 137
[5] Siehe dazu auch den Text zu den Grundlagen des Weltbildes
[6] Elias, S. 156f.
[7] s. dazu in einer detaillierteren Besprechung ‚Trennung von Körper und Geist‘
[8] Am Ende seiner Vorlesungen zu den Versuchen, die lebende Zelle mit den Augen eines Physikers zu erklären, gesteht Schrödinger ein, dass es ihm nicht gelungen ist, ‚den Lebensvorgang mit Hilfe der gewöhnlichen physikalischen Gesetze zu deuten‘,… Er schlägt vor, nach einem ‚überphysikalischen Gesetz‘ zu suchen. Erwin Schrödinger: ‚Was ist Leben‘, S. 139
[9] Lynn Margulis, Die andere Evolution, Heidelberg, Berlin 1999, S. 93 f. forscht und schreibt über die Symbiose der Mikroben und Bakterien zur Entstehung des Lebens. Sie erkennt an, dass die Erde seit der Entstehung für 1,1 Milliarden Jahre ein Gesteinsklumpen im All war, bevor die ersten materiell erkennbaren Zellformen erschienen. 3,5 Milliarden Jahre vor der Gegenwart entstanden, auf eine auch für Margulis unerklärliche Weise, die ersten Bakterien. Sie hat keine Erklärung für die Entstehung aus dem Nichts. Aus einer schamanischen Perspektive sind die Synergie und die Anziehung (Liebe) für die Entwicklung des Lebens aus dem Nichts die Grundlage materieller Lebensformen.
[10] s. dazu den Text über den Baum des Lebens
[11] In manchen Erklärungen zum Beginn des Lebens wird angenommen, das erste Leben sei aus dem Weltraum zu uns gekommen (Pangenese). Das ist ein unbefriedigender Ausweichversuch, der die Unerklärlichkeit verlagern will. In der darauf aufbauenden Wissenschaft kommt der erste Schritt nicht vor. Das erinnert sehr stark an die Leugnung des Geistes im physikalischen Weltbild.
[12] s. dazu den Beitrag über die Unendlichkeit