Welt

 

Entstehung des Weltbildes

Ein Bild der Welt entsteht nur im Geiste. Wenn ein Wesen einen Geist und ein Bewusstsein hat, mit dem es sich selbst beobachtet, dann beobachtet es auch die Welt um sich herum und macht sich von ihr ein Bild. Das Bild kann natürlich nie so vollständig sein wie die Welt und je nach dem Umfang des Geistes und seiner Vorstellungskraft entfernt sich das Bild der Welt weiter von der Welt - wenn es denn etwas gibt, das wir ‚unsere Welt' nennen dürfen. Die Welt ist eine Wirklichkeit, die wir aus dem Leben herausschneiden und das Bild davon, das Weltbild, hat unterschiedliche Ausprägungen je nach Sinnesorganen, Wahrnehmungen, Geist und Bewusstsein.[1] Das Leben ist mit unserer menschlichen Beobachtung nicht erfassbar, es ist zu groß und vielfältig.

 

Ein Weltbild ist ein Modell mit einem Satz von Regeln.[2]

 

Wir richten unsere Betrachtungen auf Teilbereiche, wie das Gefühlsleben, das Leben im Wasser, das Liebesleben, das Leben bestimmter Arten, das künstlerische Leben oder das Leben im Mittelalter. Eine umfassende Betrachtung mit allen Aspekten und Facetten des Lebens ist uns nicht möglich, dazu reicht unsere beschränkte Perspektive nicht aus. Wir grenzen einen Bereich ein, der nach unseren Vorstellungen handhabbar, beschreibbar und überschaubar erscheint. Den Teilbereich des Lebens nennen wir ‚unsere Welt‘ und davon machen wir uns ein Bild.

Der Mensch kann nicht der unabhängige Beobachter der Welt sein, weil er Teil der Welt ist. Da er sein Bild der Welt unter seinen Wahrnehmungen, Voraussetzungen und Wünschen selbst erstellt, sind die Welten auch Teile des Menschen. Er ist also sowohl der Verursacher der Welt, als auch der Veränderer - sowohl Ursache, als auch Wirkung.  Die Welt wird von uns definiert und aufgebaut. In der heutigen Epoche seit der Renaissance hat die Physik eine tragende Rolle für die Definition der Welt gespielt. Und sie tut es immer noch mit der Eingrenzung der Welt in die beobachteten und messbaren Phänomene. Die Wissenschaft wollte das Leben ergründen und die Natur beherrschen. Sie brachte uns die Welt der Physik zurück, die unsere Kultur seitdem bestimmt. Seit Begründung dieser materialistisch-technischen Welt begleiten sie die Zweifel an ihrem Erklärungsgehalt. Viele Wissenschaftler haben die Wahrnehmung von Raum und Zeit in Frage gestellt.

"Körperliche Ausdehnung und Bewegung und etwa die sogenannte Undurchdringlichkeit sind nicht primärer als Farbe, Geschmack und Klang. Wenn irgendetwas den Namen primär verdient, sind es die Sinnesqualitäten. Das geometrische Bild der Materie in Raum und Zeit ist eine gedankliche Konstruktion, vermutlich sogar eine sehr revisionsbedürftige."[3]

Zeit entsteht erst durch das Messen der Zeit. Vorher ist sie nicht existent.[4]

 

Damit ist die Zeit von dem Menschen abhängig, als dem einzigen Wesen das „Messen“ als ein Prinzip des Weltbildes für sich und die anderen Mitglieder in seiner Gesellschaft verabredet hat. Alle anderen Wesen und die gesamte Natur haben ein Gefühl für den Ablauf von Ereignissen. Damit entsteht in ihnen eine andere Welt, in der das Eintreten von Ereignissen nicht konkret in einer bestimmten Zeit erwartet wird. Erwartungen werden von Gefühlen begleitet, die nur in sehr engen Grenzen planbar sind. Eine konkrete zeitgenaue Planung ist das Produkt des Verstandes, nicht der Gefühle.

Nichts existiert in der quantifizierten Welt, bevor es nicht beobachtet und gemessen wird.[5] Das Nichts ist nicht das Gegenteil von Etwas, sondern die Möglichkeit von Etwas.

 

Das Nichts ist die Möglichkeit von Etwas.

 

Welt ohne Geist

Die Isolation von Geist und Körper oder von Gefühl und Verstand oder von Energie und Materie lässt uns eine Welt aufbauen, die auf unerklärten Grundlagen basiert (Zeit und Raum), oder die wir nicht verstehen (Gravitation und Energie). Der Raum hat ebenso eine wechselnde Bedeutung in den unterschiedlichen Kontexten und Kulturen. In der technisch-wissenschaftlichen Kultur kann er vermessen werden und mit den Koordinaten lässt sich ein Ort im Raum bestimmen. Die Kartesischen Koordinaten sind eine plausible Annahme, die aber nicht evidenzbasiert (empirisch belegt) ist. Wir haben ein Raumgefühl und das gibt uns einen weiten oder einen engen Raum, einen Spielraum oder einen Weltraum. Das Gefühl entzieht sich jeder Messung, denn es ist unendlich, da es ohne Verlust geteilt werden kann. Es passt nicht in das Bild der deterministischen Welt, aber das ist für sich kein Grund, von dem Gefühl in der physikalischen oder mathematischen Welt zu abstrahieren.

 

Ohne die Gefühle fehlen Erklärungen.

 

Wir setzen das Bild der Welt im ersten Stock auf, ohne das Fundament und die tragenden Säulen erklärt und verstanden zu haben. Die Gefühle als das Fundament belegen wir mit einer Vielzahl von Worten und Eigenschaften, wie Seele, Geist, Unendlichkeit, Liebe, Paradies, Gott oder das Sein. Keines der Worte und Begriffsbestimmungen hilft uns aber die einfachen Fragen zwischen dem Zusammenspiel der Gefühle und des Körpers zu verstehen oder die Wirkung der Gefühle auf Körper, Materie oder den Willen zu erkennen. Wir haben die Natur hinter uns gelassen und anscheinend Fortschritte auf dem Weg zur Erklärung einer Welt im engen Rahmen eines Materialismus gemacht.

 „Die großen Fortschritte in den physikalischen und biologischen Wissenschaften wurden durch den Ausschluss des Geistes aus der physikalischen Welt möglich gemacht. Dies erlaubte ein quantitatives Verständnis der Welt, das sich in zeitlosen, mathematisch formulierten physikalischen Gesetzen ausdrücken lässt. An irgendeinem Punkt wird es jedoch notwendig werden, bei einem umfassenden Verständnis, das den Geist einschließt, neu anzusetzen.“[6]

 Thomas Nagel sucht nach einem Konzept, das die Lücke zwischen einem Materialismus und einem Theismus oder anderen mystischen Konzepten, erklären kann. Die Mystik ist nicht intelligibel und dem Materialismus fehlt der Geist. Damit sind beide Ansätze an ihrem jeweiligen Ende angelangt. Seine Suche richtet sich auf eine säkulare Konzeption, die den Geist zusammen mit der Physik als ein „fundamentales Prinzip der Natur“ formuliert.[7]

In dem Spiel zur Kreativität und Struktur hat der infinite Geist eine Rolle als die treibende Kraft und der Bewahrer im Spiel des Lebens. Er ist unteilbar und nur daran interessiert, das Spiel am Laufen zu halten. Die Materie hingegen ist finit und strebt einem Ende entgegen. Sie will das Spiel gewinnen oder zumindest so gut wie möglich beenden. In der Struktur findet das Spiel statt, zu dem der Geist die Regeln aufgestellt hat.

Sicht auf das Leben

Die schamanische Sicht ist auf das Leben und die Natur gerichtet. Sie zieht keine Grenzen in dieser Natur und schließt Möglichkeiten aus. Sie ist kreativ wie die Natur selbst und lässt sich deshalb nicht in Grenzen einfügen. Sie kann die Welt in ihren Grenzen beobachten und das werden wir im weiteren Verlauf tun. Wir schauen auf die begrenzte Welt innerhalb des Lebens. Eine umgekehrte Sicht aus der begrenzten Welt auf das Leben und die Natur stellt uns vor Rätsel und lässt uns über die unerklärlichen Phänomene des Übersinnlichen sinnieren. Wir schauen aus einer materiellen, endlichen Welt auf das infinite Leben mit allen seinen Möglichkeiten, Gefühlen, kreativen Potenzialen und unerklärlichen Zusammenhängen.

 

Leben ist nicht determiniert

 

Eine Fliege sucht immer wieder die Haut nach etwas Essbaren ab. Sicher ist das für etwas nützlich oder wichtig, obwohl wir darin für uns keinen Sinn erkennen. Uns fehlt die Basis der Erkenntnis. Wir können die Fliegen unser ganzes Leben lang verscheuchen und trotzdem werden immer wieder neue nachkommen und die Haut nach etwas Essbarem absuchen. In unserem Bild der Welt würde eine schlaue Fliege lernen und den Menschen nicht mehr anfliegen.[8] Das Leben und seine Natur hat das nicht so eingerichtet. Die Fliege ist nach unseren Maßstäben dumm. Und trotzdem hat die Gattung der Fliegen seit rd. 400 Mio. Jahren auf der Erde überlebt in Abermilliarden von Generationen. Sie ist etwa 60 mal so lange auf der Erde wie der Mensch, der mit seinem Gattungsalter von 6-7 Mio. Jahren gegen die Fliege wie ein Probespiel der Evolution daherkommt.

Die Natur hat die Fliege nicht mit Lernfähigkeit ausgestattet. Aber kann die Natur unserem Bild der Welt folgen und darf sie das? Behütet zu sein von der Natur bedingt ihre Rahmenbedingungen zu akzeptieren und sich darin aufzuhalten. Die Natur zeigt Möglichkeiten, die wir zu unserem Überleben nutzen können, aber sie garantiert nicht das Überleben. Das Nichtleben ist eine wichtige Grundlage für das Leben.

Es ist durchaus möglich, dass die Natur an dem Nichtleben genauso interessiert ist wie an dem Leben. Unzählbare Mengen von Samenkörnern, Eiern, Sprösslingen und Früchten kommen nicht zum Leben, sie finden nicht ihre Möglichkeiten. Sie beginnen nicht mit dem Wachstum das ihre Bestimmung sein könnte, ohne dass die Natur sich um diese verpassten Chancen sorgt.

Wir versehen das Leben mit einer besonderen Bedeutung, mit einem Erfolg und mit dem Sinn der Welt. Ich habe eine Reise zur Mutter Erde gemacht, um aus ihrer Sicht auf das Leben und seine Bestimmung zu schauen. Ihre beschützende Hülle besteht weit überwiegend aus gewesenem Leben. In dieser Welt gibt es einen Durchgang aus der Dunkelheit und dem ehemaligen Leben zu einem neuen Leben und einem neuen Tod, der die Biomasse des ehemaligen Lebens dem Mantel der Erde zufügt. Aus dem Soolago kommt der Funke des Lebens hinzu und lässt aus den Möglichkeiten das Leben entstehen. Dabei wird aus den millionenfachen Möglichkeiten nur ganz wenig "belebt". Tausende von Kirschen werden erzeugt und verfaulen auf der Erde für die Fliegen, unzählige Kastanien zieren den Boden, Billionen von Samenkörnern fallen aus der Birke, Froscheier bedecken den See. Einige dieser Möglichkeiten bekommen den Funken des Lebens und wachsen, haben einen Stoffwechsel und ändern ihre Gestalt innerhalb der Rahmenbedingungen, in die sie hineinwachsen.

 

Leben braucht Nichtleben.

 

Für die Erde ist der Ablauf des endlichen Lebens mit dem Tod lebenswichtig. Das Leben soll einen Stoffwechsel haben und am Ende einen Teil seiner Masse dem Mantel der Erde hinzufügen. Ein immerwährendes Leben ohne Tod kann keinen Mantel für die Erde schaffen. Wir könnten darüber spekulieren, ob die Stoffwechselausscheidungen das schaffen. Aber die Frage ist müßig, weil das System so begonnen wurde und sich in der Wandlungskontinuität so weiterentwickelt. Die Ausscheidungen des Stoffwechsels kommen nur zustande, wenn ehemals Lebendes verdaut wird, oder zumindest etwas in der Natur Entstandenes. Dazu muss es aber Leben geben und es muss sich vermehren, sonst ist eine Aufrechterhaltung der diversen Stoffwechsel der Verdauer nicht möglich.

Das Leben hat keine Funktion und keine Ziele. Das Lebensprinzip bleibt unverändert, nur die Rahmenbedingungen wandeln sich - mit dem Leben und als dessen Ergebnis. Das Prinzip des Lebens ist die Veränderung der Rahmenbedingungen als das Ergebnis des Lebens.[9] Wir bezeichnen heute die Natur als kreativ und nehmen ihre Wandlungen als Reaktionen auf die geänderten Rahmenbedingungen wahr. Die Verfestigungen sind die Strukturen und fortschreitend verschiebt sich die Zusammensetzung von Struktur und Kreativität. Das Ganze bleibt in der Wandlungskontinuität erhalten. Wir erkennen es wieder, obwohl es seine Zusammensetzung oder Form geändert hat. Und so führen die Wandlungskontinuität und die Nutzung der Möglichkeiten zu einer Weiterentwicklung ohne Ziel.

Das Leben ist also selbstreferenziell, es bezieht seine Entwicklung aus sich selbst. Das neue Leben braucht die Rahmenbedingungen des bisherigen Lebens als das Ergebnis des alten Lebens. Darauf gründet es ein einfaches kreatives Prinzip, das Lebensprinzip aus der Aufnahme, Verdauung und Ausscheidung der Strukturen der anderen ehemaligen Leben.[10]

Die Kreativität und die Strukturen bestehen nebeneinander, sie bedingen einander. Sie werden in den Beiträgen der Wissenschaft mit all ihren Zweigen und Teilbereichen neu gefunden und jeweils isoliert in ihren Eigenschaften beobachtet und untersucht. Wenn die Kreativität im Vordergrund untersucht wird, beobachten wir Eigenschaften der Unendlichkeit, weil immer fortwährend Neues entsteht, das unerschöpflich erscheint. Die Zeit scheint unendlich zu sein, wie der Raum, die Gefühle und das Licht. Wird dagegen das vergangene Leben untersucht, so findet man endliche Strukturen, die erschöpflich sind wie Ressourcen. Die Kreativität ist nicht zählbar und sie hat kein Ziel, keine Wertung, keine Rangfolgen, keine Ergebnisse. Sie ist ein infinites Spiel. Die Struktur ist zählbar, sie hat ein Ergebnis, Rangfolgen, Ziele, Teile und Gesamtheiten. Sie kann addiert und konstruiert werden, sie hat eine Funktion und ein Ende. Sie ist ein finites Spiel.[11] Ein Bild der Welt als funktionsgeladenes, zielgerichtetes finites Spiel ist ebenso unvollständig wie ein rein gefühlsgeladenes, freischwebendes infinites Spiel.

Bid des Lebens

Aus dem Bild des Lebens lassen sich unterschiedliche Weltbilder ableiten, die sich auf einer grundlegenden Ebene in der Zusammensetzung der Strukturen und des kreativen Chaos der Natur unterscheiden. Das deterministische Weltbild hat feste Strukturen aus der Vergangenheit aufgebaut und hält daran fest. Die Zukunft soll eine Fortsetzung der Vergangenheit sein. Es wird durch den rechten Flügel des Bildes symbolisiert, der sehr viel Struktur hat und ganz wenig Chaos oder Kreativität.

Auf dem linken Flügel finden wir eine schamanische Sicht wieder, die sehr wenig Struktur hat und sehr viel schöpferische Kreativität. Die Nähe zur Natur lässt uns den Blick in eine unbestimmte Zukunft richten. Die Mutter Erde hält für jedes Wesen die Möglichkeiten bereit, die es braucht. Die Zukunft wird nicht aus der Vergangenheit abgeleitet. Der nächste Schritt wird aus einer Erwartung motiviert. Das Wesen braucht zum Leben kein langfristiges Ziel.

In der materialistischen, physikalischen Welt ist alles determiniert und ein Teil des Lebens wird herausgelöst und geordnet. Dieses Bruchstück des Lebens ist intelligibel und berechenbar. Aus der Rückschau mag der Eindruck entstehen, als strebe die Entwicklung einem höheren Ziel zu (teleologische Weltsicht). Das lässt sich herauslesen, wenn wir ein Raster von Linien und Strukturen auf die Vergangenheit legen, die aus unserem Weltbild abgeleitet sind. Andere Weltbilder würden andere Ziele hervorbringen und in der Extrapolation andere zukünftige Entwicklungen. Dabei erscheint es unklar und unlogisch, dass Extrapolationen in einer ziellosen Natur einen zukünftigen Zustand prognostizieren können. In den Prinzipien der Natur ist das nicht vorgesehen und auch nicht notwendig. Das Erkennen und Nutzen von Möglichkeiten reicht für das Leben aus.

 

Das deterministische Weltbild erklärt die Vergangenheit.

 

In der materialistischen Wissenschaft haben wir uns von der Natur getrennt und beziehen eine Position als Menschen mit einer Umwelt. Die Umwelt ist alles außer uns Menschen. Wir legen eine Bedeutung in das Leben und die Entwicklung, die unserer selbst wahrgenommenen Position entspricht und sie beinhaltet. Dieses anthropozentrische Weltbild hat die Erwartungen der materialistischen Kultur an die weitere Entwicklung geprägt. Alle zukünftigen Zustände der Welt sollen den Menschen enthalten und teilweise sogar seine gegenwärtige Kultur oder Gesellschaftsform. Wir schreiben die bisher beobachteten Strukturen fort und unterstellen eine Wandlungskontinuität in der wir selbst vorkommen, weil wir ein unverzichtbarer Teil des Lebens sind, das uns als ein Ergebnis seiner Anpassungen an die Rahmenbedingungen hervorgebracht hat. Unsere eigene Bedeutung des Lebens ist eine Folge aus der Entwicklung, in der unser eigenes Bewusstsein sich selbst wahrnimmt - und das kann es nur im Leben.

 

Im Materialismus ist der Mensch ein Beobachter.

 

Der Idealismus ist das Gegenkonzept, das auch die Materie als ein Objekt im Bewusstsein definiert. Auch dahinter steckt eine anthropozentrische Sicht, die den Menschen und sein Bewusstsein voraussetzt. Demnach braucht die Welt das menschliche Bewusstsein und vor dem Auftritt des Menschen auf der Weltbühne wurde das Schauspiel des Lebens gar nicht aufgeführt.

In einer schamanischen Sicht gibt es keine Trennung von der Natur. Die Gefühlsebene wird in der Natur geteilt und ist unendlich. Fügen wir diese Erkenntnisse zusammen, dann sind es die Gefühle, die eine Ebene des Lebens ausmachen und die uns mit der Natur verbinden. Sie befähigen uns ebenso zur Kommunikation mit anderen Menschen. Dafür brauchen wir keine Quantitäten oder Wertungen, keinen Geist und kein Bewusstsein. Die materialistische Welt ist außerhalb dieser Verbindungen zur Natur aus den Wahrnehmungen der Menschen formuliert worden. Jeder Mensch hat seine individuelle Wahrnehmung, jedes Wesen hat seine eigene Welt.

 

Die Trennung von der Natur ist die Trennung vom Leben.

 

Gedankenexperimente zum Weltbild

Das Bild der Welt ist als gedankliches Konstrukt des Menschen entstanden, dass sich mit den Gesellschaften und Kulturen entwickelt und gewandelt hat. Innerhalb des Bildes hat sich eine technische Struktur manifestiert, die zunehmend aufwändiger gegen das Leben behauptet wird. Ob der Mensch seine technische Kultur noch lange gegen die Natur verteidigen kann, bleibt fraglich. Das dominante Weltbild der gegenwärtigen Welt des Menschen ist in der Sprache der Mathematik abgefasst und mit den Prinzipen der Physik und Chemie konstruiert. Das Gefühl ist aus diesem Weltbild verbannt.

 

Das Leben ist aus dem physikalischen Weltbild verbannt.

 

Der Versuch diese materielle Kultur aus Verstand, Physik und Mathematik wieder an das Leben anzunähern, scheint aussichtslos. Bisher ist es jedenfalls nicht geglückt.

In der langen Frist lassen sich die technischen Strukturen nicht gegen das Leben festhalten.

 

Die Natur holt uns ein.

 

Ein Bild ist eben kein Original und so ist das Weltbild auch nur eine Vereinfachung der Welt. Das Leben wird nicht ansatzweise von dem materialistischen Weltbild erfasst.
Und so wurde mit der Reduktion auf wenige Parameter und eindimensionale Kausalitäten ein Gebäude der exakten Wissenschaften errichtet. Die Entwicklung und der jetzige Status der Naturwissenschaft, Technik und Gesellschaft nahm seinen Anfang bei unverfänglichen Gedankenexperimenten. Die Weitergabe dieser Wissenssaat gleicht den ständigen Iterationen der fraktalen Rechenverfahren beginnend mit der Basis einer neuen Kausalität. Aus unbedeutenden Wurzeln bildete sich eine Wissenschaft wie eine natürliche Evolution. Heute ist aus dieser Denkrichtung eine allgemeine Meinung über die Abstraktion der Natur in Bildern, Funktionen, Maschinen und Zwecke entstanden. Die westliche Gesellschaft ist ein Beispiel für die Evolution, in dem Fall die Evolution einer Wissenschaft, einer Gesellschaft und ihrer Technik.[12]

Von den ersten Ideen oder Erfindungen schreitet die Umsetzung der Gedankenexperimente in die Strukturen der Gesellschaft fort, bis in einem Reifestadium der kreative Anfang in Vergessenheit gerät und lediglich die Strukturen verbleiben, mit denen sich die Gesellschaft arrangiert hat und die in die Ethik, die Weltanschauung, die Ökonomie oder gar die Politik integriert werden. Die Schattenseiten einer Entwicklung werden negiert oder wegdiskutiert, oder als unvermeidliche Folgen der Ursprungsidee toleriert. Von der kreativen Entstehung aus dem Nichts verbleiben nur noch Reste als Stützpfeiler und tote Strukturen, die ihre Form verändern, aber nicht den inneren Aufbau und die Adaption an die Umwelt. Denkstrukturen wie die Relativitätstheorie, die Darwin’sche Evolutionshypothese, die Maschinenmetapher der Renaissance oder das Vernunftpostulat des Immanuel Kant, prägen die Struktur der Gesellschaft. Sie festigen und nähren sie wie die innere Holzstruktur eines Baumstammes, die Kohle aus dem Humus seiner Überreste oder die Steine als die Exkremente der Erde.

Schauen wir uns ein konkretes Beispiel eines iterativen Prozesses an, der die Struktur der Gesellschaft geprägt hat und als toter Stützpfeiler noch immer in der Mitte der technischen Kulturen steht.

 In der Renaissance brach die Synergie auf und die Welt wurde aus der Natur herausgetrennt. Systeme und Subsysteme untersuchte man einzeln und die Natur wurde zu einer Sammlung von Objekten. Die Philosophen suchten nach den Gesetzen, die diese Welt beschreiben, damit sie besser kontrolliert werden konnte.[13] Issac Newton formulierte drei Gesetze, mit denen die Objekte der Natur erkannt, beschrieben und kontrolliert werden: Fallende Objekte, Pendel und Planetenbewegungen.

 

Erklärungen ohne Basis.

 

Das hat alles keine Hand und keinen Fuß und nichts davon kann als Basis für eine Erklärung des Lebens auf Erden herangezogen werden. Die Newton’sche Physik braucht die drei Dimensionen des Descartes, die ebenfalls schon frei erfunden sind. Nichts ist gleich in der Natur. Damit verbietet sich das Gleichheitszeichen und die Mathematik hat ein wichtiges Symbol verloren. „Die Sprache der Physik ist die Mathematik“, sagt Galilei in seinem berühmten Zitat. Das mag sein, jedoch ist die Mathematik nicht die Sprache des Lebens.

Die physikalische Theorie wurde für den Hof geschrieben und von Kirche und Staat akzeptiert und verbreitet. Die Institutionen nutzten diese Gedankenexperimente, um Kontrolle auszuüben und ihre Macht zu festigen. Die Obrigkeit bastelte sich ein Weltbild, das ihre Kontrolle sanktionierte. Der störende Geist, die Kreativität und die Freiheit der Gedanken und Gefühle wurde aus dieser Welt ausgeschlossen. Das sind keine quantifizierbaren, kontrollierbaren Entitäten. Also sollte die Welt auf Basis quantifizierbarer Materie erklärt werden.

Das ist ab der Neuzeit auch geschehen und so haben wir heute ein materialistisches Weltbild, das keine Basis hat und das Leben nicht erklären kann. Es ist zwar intelligibel, der weitaus größere Anteil außerhalb dieser quantifizierbaren Blase bleibt im Dunkeln und chaotisch.

[1] So ist das Weltbild selbst bei den Menschen von den individuellen Fähigkeiten abhängig. Wer gut hören kann, hat ein anderes Weltbild als ein Taubstummer. Verlassen wir die anthropozentrische Position, dann erkennen wir, dass ein Hund, der mindestens 10.000 mal so gut riechen kann wie ein Mensch, eine ganz andere Welt erlebt. Jedes Individuum hat seine Wirklichkeit. Jedes Tier hat natürlich eine noch andere Wirklichkeit, als ein Mensch.
[2] Stephen Hawking & Leonard Mlodinow, Der große Entwurf, Hamburg 2018, S. 42
[3] Schrödinger, Naturgesetz, S. 66
[4] Elias, S.7 ff.
[5] Das Beobachterprinzip in der Quantenphysik hat sich als eine Erklärung für das Auftauchen von kleinsten Partikeln mehrfach bestätigt. Die Materie realisiert sich für den Beobachter, vorher ist sie nicht existent.
[6] Thomas Nagel, Geist und Kosmos, 5. Auflage, Berlin 2014, S. 18.
[7] ebd. S. 39
[8] Ein Vogel lernt. Er lernt eine Scheibe nicht mehr anzufliegen, wenn er sie nicht passieren kann. Eine Fliege wird immer wieder gegen die Scheibe fliegen, bis sie erschöpft stirbt.
[9] Maturana bezeichnet das als Autopoiesis, die aus einer Strukturkopplung erwächst „Die Strukturkoppelung ist immer gegenseitig; beide – Organismus und Milieu – erfahren Veränderungen.“ Humberto R. Maturana, Francisco J. Varela: Der Baum der Erkenntnis; deutschsprachige Ausgabe 1987, Bern und München, S. 113.
[10] Dieser einfach erscheinende Ablauf wird in der Chaostheorie simuliert, die fortwährende Iterationen einfacher Gestaltungsprinzipien aneinanderreiht. Aus den verbleibenden aufgezeichneten Strukturen entstehen die Formen der fraktalen Geometrie, von denen die Bilder der Mandelbrot-Strukturen inzwischen zu einer gewissen Bekanntheit gekommen sind. S. den Beitrag zur Chaostheorie.
[11] Die finiten und infiniten Spiele sind in dem Beitrag zur Kreativität ausführlich beschrieben, der seine Inspiration aus dem Buch "Finite and Infinit Games" von Carse bezieht.
[12]“Science and society fed back into each other, expanding the scientific worldview enormously.” John Briggs and F. David Peat: Seven Life Lessons of Chaos, Timeless Wisdom from the Science of Change, New York, 1999, S. 151
[13] „ ... British philosopher Francis Bacon had asserted that ‘knowledge is power’ and that such knowledge could be gained by putting nature on the rack to extract her secrets.” Briggs, Peat, ebda. S. 151